15.10.2019

5 Franken ab der ersten Schachtel

Wer gebrauchten Karton in die Rosenbergsau zur Verwert AG bringt, bezahlt ab der ersten Schachtel fünf Franken.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Bernhard Graf aus Heerbrugg war am Samstag dort. Die Wartezeit war länger als an früheren Tagen.Als Bernhard Graf erfuhr, dass Karton seit 1. Oktober nicht mehr gratis abgegeben werden kann, blieb seine Verwunderung zwar bestehen, nun hatte sie allerdings einen anderen Grund. Die neue Gebühr für Karton bis 100 Kilo – ab der ersten Schachtel – fand er reichlich übertrieben.Als der Heerbrugger im «Rheintaler» vom Dienstag, 15. Oktober las, dass die beiden Altstätter Recyclingfirmen Moser und Thür 50 Rappen für Karton bis zu 10 Kilo verlangen, schrieb er der Redaktion, um auf die zehnfache Gebühr in Au hinzuweisen. Einerseits ist er nicht bereit, eine Gebühr zu entrichten, die er für übertrieben hält. Andererseits widerstrebt es ihm, Karton deshalb im Kehricht zu entsorgen.Anderen geht es genauso. Bei seinem jüngsten Besuch bei der Sammelstelle Rosenbergsau beobachtete Bernhard Graf, dass viele ihr bisschen Karton wieder mitnahmen.Nicht grundsätzlich gegen eine GebührGegen eine begründete Gebühr hat Bernhard Graf grundsätzlich nichts einzuwenden. Er erwartet allerdings, dass sie verhältnismässig ist, wobei er aufs Altstätter Beispiel verweist.Bei der Verwert AG in Au ist seit 1. Oktober Steve Hörler als neuer Standortleiter tätig. Er räumt ein, seither wiederholt Beschwerden wegen der neuen Kartonentsorgungsgebühr entgegengenommen zu haben.Beschlossen wurde die neue Gebühr von der Mutterfirma, der Zingg Industrieabfälle AG in Tübach. Der stellvertretende Geschäftsführer Daniel Fitze spricht von einem «klar übersättigten europäischen Markt» und einer bisher nie gekannten Situation. Asien sei anders als früher kein Abnehmer mehr, weil dort wie hier genug Karton vorhanden sei. Die geschwundene Nachfrage nach Karton bewirkte einen regelrechten Preiszerfall. Verschärft wird das Problem durch den Versandhandel. Über 130 Mio. Päckli befördert allein die Post jedes Jahr. Von den durchschnittlich 450000 Päckli pro Tag stammt jedes zehnte aus Asien.Generell ist wiederverwertbares Material im Überfluss vorhanden. Das setzt die Sammelstellen unter finanziellen Druck, was für die Konsumenten Folgen hat. Wer Alteisen zur Sammelstelle bringt, bekommt erst ab wirklich grossen Mengen noch eine Entschädigung. Und Styropor kann in Au bereits seit einem Jahr nicht mehr gratis abgegeben werden, sondern wird nun wie kostenpflichtiger Kunststoff behandelt.Wie die Preise bzw. Entsorgungsgebühren sich entwickeln, ist derzeit offen. Papier dürfte man zwar auch künftig gratis entsorgen lassen, meint Daniel Fitze, doch in Stein gemeisselt ist das nicht. Auch die erhoffte Entspannung beim Karton ist nicht sicher.Hingegen sind bei all jenen Abfällen keine Gebühren zu erwarten, die vorgezogen finanziert werden. Zum Beispiel Elektroschrott. Für Geräte bezahlt der Konsument bereits beim Kauf eine Gebühr, so dass die spätere Entsorgung gratis ist. Für Pet-Flaschen gilt dasselbe.Der tiefe Altstätter Preis ist nicht kostendeckendDoch zurück zum Karton und zur 5-Franken-Gebühr in Au für eine Kartonmenge bis 100 Kilo. Daniel Fitze sagt, eine Kostenpflicht sei unumgänglich geworden, und meint zu der in Altstätten derzeit aktuellen 50-Rappen-Gebühr bis zehn Kilo, kostendeckend sei das sicher nicht. Im Sinne der Kostenwahrheit sei das ganze Handling einzubeziehen. Fitze verweist auf die Personalkosten, den Baggerverlad, das Boxen-Handling. Robert Moser, Mitinhalber des Altstätter Moser Recyclingcenters, bestätigt Fitzes Einschätzung zwar, doch ihm gehe es primär darum, nicht wegen des Kartons aus Haushaltungen Umtriebe zu haben.Bei der Verwert AG heisst es: Werde eine Gebühr erhoben, müsse diese transparent sein und aufgrund von klaren Regeln erhoben werden. Dass jeder seine Menge schätze oder nach eigenem Gutdünken einen kleinen Betrag hinterlasse, sei keine taugliche Variante. Im Übrigen, sagt Daniel Fitze, sei erstaunlich, wie viel Karton mit all den Kleinmengen aus den Haushalten letztlich zusammenkomme.Trotz der Argumente für die neu erhobene Gebühr sehe man natürlich das Problem, bemerkt Steve Hörler. Er erwähnt die Möglichkeit, den zu Hause anfallenden Karton zu sammeln und erst dann zur Entsorgungsstelle zu bringen, wenn wirklich eine grössere Menge beisammen ist, so dass die 5-Franken-Gebühr nicht deutlich spürbar ins Gewicht fällt. Dies setzt allerdings genug Platz voraus – genauso wie eine weitere Alternative: In den meisten Gemeinden wird Karton wie Altpapier im Zuge jener Sammeltouren mitgenommen, die von Vereinen – oft von Jungwacht und Blauring – ab und zu durchgeführt werden. Der Karton muss aber wie das Altpapier gebündelt sein, und die Regelung ist uneinheitlich.In Altstätten zum Beispiel wird Karton auf der Sammeltour nicht mitgenommen. Auf dem Abfallplan ist Folgendes zu lesen: Karton ist hier im Kehricht zu entsorgen oder bei der Sammelstelle abzugeben. Nur gut, haben die örtlichen Sammelstellen ihre Gebühr für Karton mit 50 Rappen bis 10 Kilo nur symbolisch statt tatsächlich kostendeckend angesetzt.