21.02.2018

Alles richtig gemacht

Der 27-jährige Skicrosser Marc Bischofberger gewinnt an den Olympischen Spielen die Silbermedaille. Dieser Erfolg ist der Lohn einer perfekten Planung in einer unberechenbaren Sportart.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Armin Niederer war im Halbfinal des Olympiarennens knapp an Marc Bischofberger gescheitert. Kaum hatte der Bündner nach dem Sieg im «kleinen Final» die Ziellinie durchfahren, spornte er seinen Besieger des vorherigen Laufs an: «Bischiii», schrie Niederer dem im Starthaus wartenden Oberegger quasi zu.Treffender hätte der Routinier den viel beschworenen Teamgeist der Schweizer Skicrosser nicht dokumentieren können.Die vier Schweizer Starter am Olympiarennen trainieren alle im gleichen Kraftraum in Liechtenstein. Sie sehen einander also sowohl in der Vorbereitung als auch während der Saison fast täglich. «Ich verbringe mit den Teamkollegen mehr Zeit als mit meiner Freundin», hat Marc Bischofberger schon gesagt. Damit die vier Skicrosser auch im Sommer an ihrem Start feilen können, haben sie selbst eine Startanlage gebaut.Die Eigeninitiative der Skicrosser wird gefördert von Nationaltrainer Ralph Pfäffli, der vor dieser Saison auch Mike Schmid – Olympiasieger von 2010 – ins Trainerteam geholt hat. Pfäffli hat vor bald 17 Jahren damit angefangen, das Swiss Skicross Team aufzubauen. Zu Beginn mit fast keinem Budget, dafür mit umso grösserem Enthusiasmus.Pfäffli und seine Trainerkollegen haben den Fahrern in Saas Fee und Laax Streckenteile gebaut, die sie auf die Olympia­strecke vorbereiteten. Der Cheftrainer war es auch, der die un­gewöhnliche Idee hatte, nach der Olympia-Eröffnungsfeier an einen Strand auf der japanischen Insel Okinawa zu reisen. So konnten die Skicrosser dem Rummel aus dem Weg gehen, ohne im Rennen unter Jetlag zu leiden.Marc Bischofberger selbst hatte vor dieser Saison den Mut, sich von seinem Arbeitgeber freistellen zu lassen. Somit besass er mehr Zeit für die Regeneration, was sich eindeutig positiv auf seine Ergebnisse auswirkt.Nicht nur das professionelle, auch das persönliche Umfeld von Marc Bischofberger scheint nahezu perfekt zu sein. Die Freundin, die mit dem Fanclub nach Südkorea gereist war, munterte den zweifelnden Skicrosser am Abend vor dem Rennen in einem Telefongespräch auf. Bischofberger war nach zwei Trainingsstürzen und somit heftigen Rückenschmerzen von Zweifeln geplagt. Er soll die Gegebenheiten akzeptieren und daraus das Beste machen, sagte Isabella Deiss ihrem Freund.Zur Reisegruppe in Südkorea gehörten auch Bruder Sven und Vater Beni Bischofberger. Der Papa weinte nach Marcs Silbergewinn vor Freude, dabei hat er gar nicht nahe am Wasser gebaut: «Zuletzt geweint hatte ich mit vier Jahren, als ich in einem Skirennen nicht gewann.»In Oberegg erschienen rund 100 stolze Bischofberger-Fans in aller Herrgottsfrühe (ab 5 Uhr) zum Public Viewing, darunter auch Marcs Mutter Astrid und seine Schwester Silvana. Das Mitfiebern endete dank des Erfolgs in ausgelassener Fröhlichkeit.Allerdings müssen die Oberegger wohl noch eine Weile darauf warten, zusammen mit ihrem berühmtesten Sohn zu feiern. Derzeit sieht der Plan vor, dass die Schweizer Skicrosser direkt nach Russland reisen, wo in eineinhalb Wochen zwei Weltcuprennen stattfinden. Wenn Marc Bischofberger dort seinen Vorsprung im Gesamtstand (mehr als 100 Punkte) verteidigt, wird das Fest noch grösser ausfallen: Dann würde nicht nur der Olympia-Medaillengewinner, sondern auch der Skicross-Weltcupsieger gefeiert. Nachtrag: Marc Bischofberger kehrt nun doch am Freitag in die Schweiz zurück. Am Samstag, 24. Februar, gibt es in Oberegg ab 17 Uhr einen Empfang.