Walzenhausen 20.06.2023

Asylzentrum «Sonneblick» feiert Jahresfest. Appelliert wird an Austausch und Offenheit

Die Stiftung Sonneblick stellte die Flüchtlingsthematik ins Zentrum ihres Jahresfests. In der Kirche Walzenhausen sprachen Gregor Weber, Seelsorger im Bundesasylzentrum Altstätten, und Gordana Gessner, Leiterin des Asylzentrums Sonneblick.

Von pd
aktualisiert am 21.06.2023

Die Bevölkerung feierte am vergangenen Sonntag zusammen mit Stiftungsräten, Vertretern von kirchlichen Institutionen und Sympathisanten des «Sonneblicks» in der reformierten Kirche von Walzenhausen einen Gottesdienst mit anschliessenden Wortbeiträgen. Geleitet wurde der Gottesdienst von Pfarrer Gregor Weber. Er ist Beauftragter für Migration der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen und Seelsorger am Bundesasylzentrum Altstätten. Wie können wir mit Flüchtlingen, ja mit Menschen generell umgehen? Diese Frage stellte Weber ins Zentrum.

Integration braucht Zeit und Raum

Dazu lieferte er einführend einige Fakten: Allein im vergangenen Jahr waren weltweit mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht – so viele wie noch nie. Die Hälfte davon waren Kinder unter 16 Jahren. 2022 haben in der Schweiz 24'500 Menschen ein Asylgesuche eingereicht. Das sind über 60 Prozent mehr als im Vorjahr.

Gregor Weber stellt mit Blick auf diese Zahlen in der Bevölkerung eine gewisse Abstumpfung fest. Er sagt:

Wir haben uns auf eine beunruhigende Art daran gewöhnt.

Dass der Umgang mit Flüchtlingen auch Konfliktpotenzial berge, weiss er aus seiner Tätigkeit als Migrationsbeauftragter: Klar gebe es solche, die schwierig sind. Aber es gebe noch viel mehr, die sich anpassen und Dankbarkeit zeigen. «Bedrücke den Fremdling nicht», zitierte Weber aus der Bibel. Er ist überzeugt: Um sich öffnen und entfalten zu können, brauche es Zeit und Raum.

Als Seelsorger im Bundesasylzentrum in Altstätten richtete Gregor Weber den Fokus auf eine positive Willkommenskultur und auf Integration. Sein Appell an alle: «Begegnen wir den Flüchtlingen ohne Vorurteile. Lassen wir uns auf den Dialog ein, überwinden wir Sprachbarrieren, und setzen wir uns mit der fremden Kultur auseinander.»

Im «Sonneblick» kann man sich begegnen

Auch für Gordana Gessner ist die Integration ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit als Leiterin des Asylzentrums Sonneblick in Walzenhausen. Seit gut zwei Jahren finden Flüchtlinge hier ein vorübergehendes Zuhause. Sprachkurse werden angeboten und in Werkstätten und Ateliers das handwerkliche und kreative Geschick gefördert. Zugleich betonte Gordana Gessner die Wichtigkeit von Begegnungen. Und fordert die Festbesucherinnen und Festbesucher auf, im «Sonneblick» hereinzuschauen:

Unsere Bewohner haben gern Besuch. Begegnungen sind für beide Seiten bereichernd.

Das Jahresfest der Stiftung Sonneblick erhielt mit dem bemerkenswerten Spiel von Farida Hamdar auf dem Marimbaphon und Martin Küssner an der Orgel den passenden musikalischen Rahmen.

Farida Hamdar spielte auf dem Marimbaphon.
Farida Hamdar spielte auf dem Marimbaphon.
Bild: pd

Nach dem Gottesdienst und den Wortbeiträgen in der Kirche trafen sich die Besucherinnen und Besucher auf dem Kirchplatz unter der Linde zum Austausch. 

Das Jahresfest der Stiftung Sonneblick hat Tradition. Als in den Statuten von 1933 fix definierter Bestandteil des Jahresprogramms, findet es dieses Jahr zum neunzigsten Mal statt. Auf Initiative von Adrian Keller, der die Geschicke des «Sonneblick» im Jahr 1997 als Geschäftsführer in seine Hände nahm, wird das Jahresfest seither mit dem nationalen Flüchtlingssonntag der Kirchen kombiniert.