12.10.2022

Auf Reisen mit exotischem Gefährt

Peter und Uschi Lüchinger haben eine Schwäche für Motorräder. Mit dem Can-Am sind sie so oft es geht unterwegs.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 02.11.2022
Dieses Motorrad ist anders. Auf drei Rädern steht es in der Garageneinfahrt vor Lüchingers Einfamilienhaus in Rebstein und strahlt mit weinrotem Lack und weichen Ledersitzen Fahrkomfort aus. Ein Sofa auf Rädern, sagen die einen. Weniger Schmeichelhaftes hörte Peter Lüchinger auch schon: Invalidenfahrzeug. «Das sagen aber nur jene, die noch nie aufgesessen sind.» Denn der Can-Am ist eine Rennmaschine. Er verfügt über drei Zylinder, 120 PS und beschleunigt in 4,6 Sekunden auf 100 Stundenkilometer. «Auf der Autobahn überholt uns niemand.»Für den 69-Jährigen und seine Frau ist der Can-Am Spyder das perfekte Fahrzeug für Reisen und Ausflüge. «Letzte Woche waren wir in Österreich. Über die Silvretta-Hochalpenstrassee fuhren wir ins Paznauntal», sagt Peter Lüchinger. Weiter zählt er Ausfahrten ins Wallis, Aostatal und nach Sardinien und Korsika auf. Das nächste Ziel steht ebenfalls fest. «Wir haben soeben gebucht. Am Sonntag reisen wir nach Kroatien und besuchen unseren Sohn und seine Familie, die dort Ferien verbringen.» [caption_left: Der Can-Am ist ein Schneeschlittenmobil auf Rädern. Ob am Meer …  Bild: pd][caption_left: … oder in den Bergen: Lüchingers lieben den Fahrtwind.  Bild: pd]Für die erste Etappe verladen sie den Can-Am auf den Nachtzug von Feldkirch nach Villach. «Ausgeruht können wir danach Richtung Meer fahren und sind um die Mittagszeit bereits am Baden.» Meist zieht das pensionierte Ehepaar in den Süden, nach Italien oder auf den Balkan bis Montenegro. Ein bewegtes Leben im Beruf und in der Freizeit Peter Lüchinger, aufgewachsen in Rebstein und beruflich lange Zeit im Ausland engagiert, war vor der Pension 28 Jahre als Expansions-Manager bei einem internationalen Konzern tätig. Als junge Familie lebten Lüchingers unter anderem in Kanada und Saudi Arabien. Auch Zürich war zwischendurch eine ihrer Stationen, bevor sie nach Rebstein kamen und ihre vier Kinder grosszogen. Unterwegs zu sein, prägt nun die Freizeit des Ehepaars, wenn es nicht gerade Enkel hütet oder Peter Lüchinger als Einmann-Unterhalter mit Keyboard und Handorgel für Auftritte gebucht ist. «Wir haben das Reisevirus, obwohl wir es auch zu Hause schön haben», sagt der aktive Pensionist. Spontan losfahren – diese Freiheit geniessen sie. Unterwegs übernachten sie in Hotels. Das Gepäck können sie im Can-Am in mehreren Fächern verstauen, wo erstaunlich viel Raum von 177 Litern zum Vorschein kommt. Eine grosse Tasche, die Motorradausrüstung und auch Wanderstöcke finden problemlos Platz. Peter Lüchinger fuhr während 30 Jahren eine Goldwing, ein schweres Reisemotorrad. Vor zwei Jahren entschieden sich er und seine Frau für den Can-Am. Uschi Lüchinger meinte, im Pensionsalter dürfe es ein sichereres Fahrzeug sein. Diesen Anspruch erfüllt der Can-Am dank drei Rädern. «Trotzdem geniessen wir das Töffgefühl.» Mittlerweile zeigt der Tacho 22000 gefahrene Kilometer an. Auf den Strassen hierzulande sind Can-Ams eine Seltenheit und ziehen die Blicke auf sich. Der Dreirad-Flitzer verfügt über Servolenkung, Sitz- und Griffheizung sowie sechs Lautsprecher, aus denen bei Lüchingers oft Schlager und Volksmusik ertönen während ihren Touren durch die Landschaft. Das Motorrad ist eigentlich ein Schneetöff, der statt Skis oder Raupen Räder montiert hat. Entwickelt und gebaut wird es in Kanada. Die amerikanische Motorradmarke Can-Am gehört zur kanadischen Bombardier-Gruppe. In Nordamerika ist das Fahrzeug ein Hit. Es darf mit dem PKW-Führerschein Kategorie B und der Motorradkategorie A gefahren werden. In Rebstein gebe es zufällig einen zweiten Can-Am-Fahrer, sagt Peter Lüchinger. Warum sind es nicht mehr? «Es gibt keine Vertretung im Rheintal und das Fahrzeug ist noch nicht besonders bekannt.» Kürzlich fuhr er extra nach Aarau zu einer Moto-Garage, um eine Garantiesache zu erledigen. Grundsätzlich sei das Motorrad pflegeleicht. Wenn es etwas zu kontrollieren gibt, hilft ihm sein mechanisches Verständnis oder er schaut Youtube-Anleitungen. Und wer darf auf dem Motorrad mitfahren? «Alle, die keine Angst haben», sagt er und schmunzelt. Das Fahrzeug sei sehr sicher und die Gefahr, dass es kippt, bestehe kaum. Auch Uschi Lüchinger ist erfahrene Motorradfahrerin und kann den Can-Am steuern. Eindeutig lieber ist sie aber Beifahrerin.