22.10.2019

Aus der Schikane das Beste machen

Arbeitgeber verabscheuen Papierkrieg und bürokratische Hürden. Das RAV verspricht, aus der Stellenmeldepflicht das Beste zu machen.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererEs geht um den «Inländervorrang light», der am Montag an einer Veranstaltung für Arbeitgeber in Rebstein das Thema war. Dass es um keine Lappalie geht, zeigt schon die Liste der Referenten. Nicht nur Karin Jung, seit einem Jahr Leiterin des Amtes für Wirtschaft und Arbeit (AWA), St. Gallen, war ins Rheintal gekommen, sondern zudem zwei Mitarbeiter des Seco in Bern: Mauro Tomeo, Leiter fachliche Vollzugsunterstützung, und Fachspezialist Jonas Süss.Stellenmeldepflichtwird ausgedehntDas Thema, um das es ging, ist zwar nicht neu. Der Inländervorrang ist eine Folge der 2014 vom Volk gutgeheissenen Initative gegen die Masseneinwanderung. Seit 1. Juli 2018 müssen Arbeitgeber eine Stelle dem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) melden, falls es um einen Beruf geht, der von einer mindestens 8-prozentigen Arbeitslosigkeit betroffen ist. Aktuell sind das zum Beispiel Soziologen, Hilfsköche, Servicehilfskräfte, Betonierer, Schauspieler und viele mehr.Ab nächstem Jahr muss die Arbeitslosigkeit nur noch mindestens 5 Prozent betragen, damit die Meldepflicht gilt. Das Ziel der Verordnung ist es, das Potenzial an inländischen Arbeitskräften besser auszuschöpfen.Als der Arbeitgeberverband Rheintal zu Beginn des letzten Jahres zusammen mit dem Verein St. Galler Rheintal den «Inländervorrang light» zur Sprache brachte, stiess die Neuerung «nicht gerade auf Verständnis», erinnert sich die AGV-Präsidentin Brigitte Lüchinger.Neue administrative Hürden waren unerwünscht.Das RAV arbeitet«zügig, nicht langsam»Roland Schleith, Leiter des RAV Heerbrugg, meinte am Montag, die Vorschrift lasse sich zwar nicht umgehen, doch man wolle pragmatische Lösungen finden und die Arbeitgeber nach Möglichkeit nicht belasten, sondern ihnen dienen – sprich: letztlich den Nutzen erhöhen. Das RAV Heerbrugg, bei dem 2100 Stellensuchende gemeldet sind, unterbreite nicht wahllos Vorschläge, sondern «wirklich nur dann», wenn die Erfolgsaussicht gross sei. Was Schleith vorschwebt, ist eine möglichst unkomplizierte «Zusammenarbeit mit erkennbarem Nutzen». Als unberechtigt habe sich die Kritik erwiesen, das RAV arbeite zu langsam; 99 Prozent der Fälle seien bisher vom RAV in einem Tag erledigt worden.Der RAV-Chef regte an, das Stellenmelden nicht primär als Pflicht zu begreifen, sondern sie wie andere Alltagstätigkeiten zur Gewohnheit werden zu lassen und der Sache etwas Gutes abzugewinnen. Mauro Tomeo ergänzte, der Vorrang der Stellensuchenden stosse auf grössere Akzeptanz als eine Steuerung über Kontingente.Ein Arbeitgeber nannte ein Beispiel: Wenn er jemanden temporär beschäftige und ihn nach einem Jahr fest anstellen wolle, müsse er das melden. Das sei eine Schikane. Stimmt, sagte Mauro Tomeo, es seien erfahrungsgemäss jedoch einzelne Fälle, die wenig Sinn ergäben. Und ja, ganz ohne Formulare gehe es halt nicht.Berufsbezeichnungen: Zahl drastisch gesenktAuf das nächste Jahr hin ist die Liste mit den Berufsbezeichnungen stark gestrafft worden. Statt 4020 sind es noch 1259. Beispiel Detailhandel: Hier gibt es noch fünf statt der zuvor etwa achtzig Berufsbezeichnungen – Detailspezialist, Detailmanager, Detailfachmann, Detailassistent und Detailangestellter.Bezeichnungen wie Verkäufer, Verkäufer Kiosk, Verkäufer Textil, Verkäufer von Schallplatten usw. haben ausgedient.Eine Erleichterung ist die Plattform www.arbeit.swiss. Mit ihrem Job-Room ermöglicht sie registrierten Stellensuchenden, Unternehmen und privaten Arbeitsvermittlern, die Wege zu verkürzen. Die Stellensuchenden geben auf der Online-Plattform ihr Profil sowie ihre beruflichen Fähigkeiten bekannt.Roland Schleith empfiehlt den Arbeitgebern, alle offenen Stellen zu melden, nicht nur die meldepflichtigen.Das RAV, sagte er, mache zwischen den meldepflichtigen und den nicht meldepflichtigen Stellen keinen Unterschied, sondern behandle alle gleich.Sowohl das Amt für Wirtschaft und Arbeit als auch das RAV verstünden sich als Partner der Arbeitgeber. Und mit Bezug auf die ab 1. Januar 2020 er-weiterte Meldepflicht meinte Schleith: «Wir leben in einer Region, die schon anderes gemeistert hat.»