26.06.2019

Blüten ersetzen Geröllwüste

An Blumen am Strassenrand erfreut sich wohl jeder. Bevor ein Magerwiesenstreifen ausgesät werden kann wie jetzt an der Bahnstrasse, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Allen voran die Sicherheit.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Monika von der Linden«Bald blühen hoffentlich Blumen jeglicher Art und in allen Farben entlang der Bahnstrasse», sagt Titus Tobler, Strassenkreisinspektor des Kantons St. Gallen. Die Voraussetzung dazu ist geschaffen, den Samen haben Gärtner am Dienstag ausgebracht. Was lange währt, blüht endlich – hoffentlichIn den Neunzigerjahren hatten Ida und Hanni Hutter sich dem Kanton anerboten, entlang der Bahnstrasse beim Ortseingang von Berneck eine ebenso schöne Blumenpracht entstehen zu lassen und zu pflegen wie im eigenen Garten in der Nachbarschaft. «Hanni Hutter hatte damals veranlasst, dass speziell magere Erde eingebracht wurde», sagt Kurt Moor aus Widnau. Er erinnert sich genau, weil er seinerzeit mit Hanni Hutter gemeinsam den Magerwiesenstreifen eingesät hatte. Ein paar Jahre später versuchte Kurt Moor es auf einem weiteren Abschnitt – auf Höhe des Sportplatzes Reichenbündt. Es gedieh aber nichts. «Ich vermute, dass die Erde mit Herbiziden belastet war», sagt Kurt Moor, der sich auch als Leiter der Gruppe Silberwide für die Pflege naturnaher Flächen in Widnau engagiert.Kanton tastet sich an die Saat von Magerwiesen heran«Das Ehepaar ist leider verstorben», sagt Titus Tobler. Weil der Kanton sich nicht in der Lage sah, die Pflege der Magerwiese zu übernehmen oder ihre Grösse gar auszudehnen, entstand entlang der Kantonsstrasse streckenweise eine Geröllwüste. «Nun tasten wir uns langsam an die Förderung der Biodiversität entlang Kantonsstrassen heran und versuchen, Blumen auf einer Magerwiese anzusiedeln.»Auslöser mag wohl auch die Initiative Ernst Gepps aus Heerbrugg gewesen sein. Er regte an, man möge den vermutlich verseuchten Boden ersetzen. «Das ist ja mal eine gute Nachricht», sagt Ernst Gepp, als er erfährt, dass die Saat am Dienstag ausgebracht worden ist.Ökologie ist auch eine Frage der ÖkonomieDort, wo Blumen auf Magerwiesen gedeihen, wird gleichzeitig die Ausbreitung der Neophyten gebremst. Das entspricht der Strategie des Kantons, die Biodiversität zu fördern. «Sie können wir aber nur dort umsetzen, wo die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird», sagt Titus Tobler. Deshalb hat das Strassenkreisinspektorat die Geröllwüste auf Höhe der Verzweigung Bahnstrasse/Brändlistrasse zwar im letzten November beseitigt. Er füllte den Trennstreifen aber mit Rhein-Brocken auf, damit die Sicht auf den Einlenker nicht behindert wird. Ein weiterer Faktor ist, dass der Unterhalt der Magerwiesen nicht mehr kosten darf als der eines herkömmlichen Grünstreifens. «Biodiversität ist immer auch eine Frage der Ökonomie», sagt Titus Tobler. Fette Grünstreifen werden drei- bis viermal pro Jahr gemäht. Das Schnittgut bleibt liegen und dient als Dünger. Magerwiesen werden bis zu zweimal im Jahr geschnitten. Das Schnittgut muss jedoch aufgenommen werden, weil die Wiese sonst zu fett wird. «Es gilt ausserdem, die richtige Sortenmischung zu finden», sagt Titus Tobler. Denn Strassenwasser – mit Gummiabrieb oder Streusalz verschmutzt – setzen den Blumen und Gräsern arg zu.Einen weiteren Abschnitt mit Blumen aufzuwerten, hat das Inspektorat bereits in Angriff genommen. Derzeit wird die Auerstrasse ab der Brücke Littenbach in Richtung Bernecks Dorfmitte saniert. «Dort arbeiten wir mit Anstössern zusammen», sagt Titus Tobler. Diese nutzen die Bauarbeiten, um privat eine Blumenwiese anzulegen. Der Kanton gestaltet einen Grünstreifen als Magerwiese. Die Eigentümer sind jeweils für die Pflege der Wiesen zuständig.