06.02.2022

«Das wird eine grosse Sache»

Im Gebiet «Junge Reben Berneck» wird der Rebberg terrassiert. Dabei kann es auch zu Überraschungen kommen.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 02.11.2022
Der Hang oberhalb vom Kobel in Berneck liegt brach. Die Rebstöcke sind bereits entfernt worden, und auf einer Fläche von etwa zwei Hektaren wechseln sich Reste von Grünbewuchs und matschig-braune Erde ab. Hier werden im Frühjahr die Erdterrassierungen beginnen.Die Rebhänge gehören zum Tobias Weingut. Dessen Inhaber, Christoph Schmid, entschied sich, zwei Notwendigkeiten zu verbinden: Die Rebstöcke an der Steillage mussten altershalber erneuert werden. Sie waren vor etwa 40 Jahren gepflanzt worden. Damit ergab sich die Gelegenheit, die Bewirtschaftung der Parzellen, die zum Teil eine Steigung von gut 70 Prozent aufweisen, mittels einer Rebbergterrassierung kostendeckend zu gestalten.Es werden 10000 neue Rebstöcke gepflanzt«Sehr teuer» sei eine derartige Erdterrassierung, sagt Weinbauexperte Felix Indermaur, der das anspruchsvolle Projekt mitbetreut, bei einer Begehung vor Ort am vergangenen Donnerstag. Genauer möchte er die finanziellen Aufwendungen nicht beziffern. Zu den eigentlichen Erdarbeiten, die nur ein darauf spezialisiertes Unternehmen durchführen könne (im Rheintal existiert eines, ein weiteres dann erst im Raum Zürich), kämen noch die Kosten für rund 10000 neue Rebstöcke sowie Material. Nicht zu vergessen der Ertragsausfall von etwa vier Jahren, bis die neu gepflanzten Reben tragen.Einen langen Atem braucht es zudem für die Antragstellung beim Kanton. Am Anfang stand ein Gutachten der Fachstelle Weinbau am Landwirtschaftlichen Zentrum in Salez. Darin geht es auch um die Meteorwasserleitung, die durch eine Parzelle am Rebhang führt. Der Rebbaukommissar des Kantons sprach sich in seinem Gutachten im Juli 2020 dafür aus, dem Bernecker Weingut zu erlauben, die Meteorleitung wie bisher unterirdisch statt offen zu führen. Ein Anbau von Reben sei auf dieser Parzelle ansonsten nicht möglich. Das Terrassierungsgesuch wurde schliesslich noch vom Amt für Natur, Jagd und Fischerei sowie der kantonalen Bodenüberwachungsstelle geprüft. Ende letzten Jahres erteilte das Baudepartement die Baubewilligung.Es sei durchaus denkbar, während der Erdarbeiten noch die eine oder andere Überraschung zu erleben, sagt Felix Indermaur: «Man weiss nie, auf was man stösst.»Im Rahmen der Terrassierung werden artenreiche Samen eingesät, die günstige Ausgangsbedingungen für die Reben schaffen. Dabei ist die Artenvielfalt am Rebberg im Bereich der Böschung, der Fahrgasse und des Unterstocks unterschiedlich. Zusätzlich schafft man ökologische Ausgleichsflächen wie Hecken, Böschungen oder Naturwiesen. Das ganze Projekt wird «eine grosse Sache», sagt Indermaur.Das Tobias Weingut verwendet auf der gesamthaft rund 16 Hektare grossen Rebbaufläche schon jetzt keine Insektizide. Zu schaffen machen den Winzern indes Pflanzenkrankheiten. Können im nächsten Jahr hoffentlich die ersten Reben am terrassierten Hang gepflanzt werden, wird es sich weitgehend um krankheitsresistente Sorten handeln, gibt Felix Indermaur Auskunft.Steillagen in BerneckDer Kanton St. Gallen verfügt über die steilsten Reblagen in der Deutschschweiz. Berneck ist die grösste Weinbaugemeinde im Kanton und weist am meisten Steillagen auf. Ab einer Steigung von rund 35 Prozent ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen eine Bewirtschaftung über Querterrassen, statt vertikal im sogenannten Direktzug, nötig. Die Reblage «Junge Reben» dürfe als Vorzugslage bezeichnet werden, ist im Gutachten der Fachstelle für Weinbau zu lesen. Die Steillage von etwa 70 Prozent eignet sich für den Anbau von Spezialitäten-Rebsorten.