Garten 01.10.2023

Die Herbstzeitlose kennt keinen Herbst, sie ist zeitlos

Auf meinem feuchten Hang hinter dem Haus blüht es rosé. Ich liebe diesen Spätblüher.

Von Bert Stankowski,
Weisslingen
aktualisiert am 01.10.2023

Viele Pflanzen, auch ein­heimische, sind giftig. Einige haben prosaische Namen, wie 
die Tollkirsche oder der Eisenhut, die auf ihr Aussehen hinweisen. Die Herbstzeitlose hat im Namen einen Hinweis auf ihre Blütezeit, denn sie blüht nicht wie andere Pflanzen im Frühling oder Sommer: Nein sie hat den Herbst gewählt. Sie kennt keinen Herbst, sie ist zeitlos.

Und sie scheint tatsächlich zeitlos zu sein – jedenfalls im Vergleich zu anderen Pflanzen. Wenn also die Rietwiesen von Bauern oder Naturschützenden gemäht worden ist, und sich die anderen Pflanzen auf einen kalten, langen Winter vorbereiten, bildet sie ihre zartrosa Blüten. Grüne Laubblätter benötigt sie zur Blüte nicht.

Spät fliegende Insekten, wie Honigbiene und Hummel, bestäuben die Herbstzeitlosen schon im Herbst. Aber jetzt kommt das Interessanteste. Zur Befruchtung kommt es erst im Winter. Wie kommt das?

Der Pollen, den die Insekten zur Blütezeit herbeitragen, muss nämlich in der Pflanze einen sehr weiten Weg zurücklegen. Er wandert von der weissen Narbe in den Blüten zu den Samenanlagen tief im Inneren. Diese liegen unterirdisch, ungefähr 
25 bis 30 Zentimeter von der Narbe entfernt.

Erst im darauffolgenden Frühling schiebt die Herbst­zeitlose drei bis vier glänzend dunkelgrüne Blätter bei mildem Wetter an die Oberfläche. In diese eingebettet liegen die eier­förmigen, dreiteiligen Blasenfrüchte.

Wichtig ist, dass man die Pflanze und ihre Teile nur mit den Augen und nicht mit den Händen «beobachten» sollte. So schön und zart die Blüten im Herbst auch aussehen, so gefährlich ist diese Schönheit. Herbstzeitlose sind in allen Pflanzenteilen giftig. Sie gehört sogar zu den giftigsten Gewächsen, die wir in der Schweiz beheimaten.

Stellen Sie sich vor, bereits 20 Milligramm dieses pflanzlichen Giftes können bei einem normalgebauten Erwachsenen giftig wirken. Schlimmer ist die Folge bei Kindern, kränkelnden Personen und Haustieren. Diese Menge ist schon, je nach Samengrösse, in ein bis fünf Samen enthalten. Da auch alle anderen Pflanzenteile giftig sind, besteht natürlich auch bei Vieh und Haustieren eine Gefahr. Darum sollten bei Giftpflanzen unbedingt Handschuhe getragen werden.

Übrigens, rein biologisch gesehen, ist also die Herbstzeitlose kein Spätblüher, sondern ein extrem früh blühender Frühblüher. Ja eigentlich schon der erste Frühlingsblüher.

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