24.07.2020

Ein moderner Nomade

Maty Amaya durchquerte mit seinem Velo in sechs Jahren 52 Länder. Gestern war er im Rheintal unterwegs.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 03.11.2022
Bahnhof Rheineck: Umringt von einigen interessierten Leuten beantwortet Maty Amaya Fragen auf Englisch und Italienisch, erzählt Anekdoten. Ein Anruf hatte die Redaktion auf ihn aufmerksam gemacht.Mit seinem 140 Kilo schweren Velo, «meinem Haus», wie der Argentinier sagt, ist er bereits durch 52 Länder geradelt.Kurze Auszeit wird zum LebensentwurfEine Lebenskrise mit Jobverlust und dem gleichzeitigen auseinanderbrechen seiner Ehe veranlassten den ehemaligen Chemielaboranten, eine Fahrradtour zu unternehmen – ausgelegt auf 15 Tage. Es kam anders, denn seither ist der 33-Jährige unterwegs. Er legte über 91000 Kilometer zurück, durchquerte 52 Länder.«Ich entdeckte mein Leben neu, kann mich wieder an Kleinigkeiten erfreuen. Ich bin glücklich über jeden Menschen, der mit mir Zeit verbringt», sagt Maty Amaya. Am Morgen stehe er auf, fahre los, ohne zu wissen, wie der Tag verlaufe und wo er am Abend Rast machen werde. Oft wird er von zufälligen Bekanntschaften eingeladen – hinter jedem Aufkleber und jedem Maskottchen an seinem Fahrzeug steckt eine spezielle Geschichte. Auch in Rheineck wird ihm ein Nötli zugesteckt, bekommt er Proviant. Sonst finanziert er sich mit Gelegenheitsarbeiten und den Tantiemen der fünf Bücher, die er inzwischen geschrieben hat. Während des Lockdown wohnte er im Haus eines Polizisten in Griechenland. Seit die Grenzen wieder offen sind, hat Amaya nun schon acht Länder durchquert.Jetzt ist er auf dem Weg nach Basel, er will weiter dem Rhein entlang, dann über Frankfurt nach Berlin. Er hat vor, über Polen, Weissrussland, die Ukraine und Russland nach Geor-gien zu fahren, um dort zu überwintern. Seit 2014 unterwegs, möchte er noch drei, vier Jahre weitere Länder durchqueren, sein Endziel ist Katar.Ein Leben, das sich von der Masse abhebt. Maty Amaya ist ein moderner Nomade, «der einem vor Augen führt, wie wenig man eigentlich braucht, um glücklich zu sein», wie eine Rheineckerin bemerkte. Wer seine Reisen verfolgen will, kann ihm auf Instagram unter matyamayanomad folgen.