17.07.2018

Er ist einer der rockenden Tausend

Flavio Strässle tritt an diesem Wochenende mit den Rockin’ 1000 im Fussballstadion von Florenz auf. Als einer von 250 Schlagzeugern. Die grösste Band der Welt entstand aus einem Jux und hat sich dann weiterentwickelt.

Von Remo Zollinger
aktualisiert am 03.11.2022
Remo ZollingerFabio Zaffagnini lebt in der italienischen Stadt Cesena und ist Fan der Foo Fighters. Weil er keine Mittel hat, um die weltberühmte Rockband in die Stadt zu holen, wird er kreativ. Zusammen mit einigen Freunden sucht er Leute für die Rockin’ 1000: Tausend Menschen, die gleichzeitig das Lied «Learn to Fly» der Foo Fighters spielen. Mit dem Ziel, die Band um den charismatischen Leader Dave Grohl zu einem Auftritt in Cesena zu bewegen.Der im Juli 2015 veröffentlichte Film vom Auftritt verbreitet sich übers Internet rasch. Ein Zuschauer ist Flavio Strässle aus Rüthi. Er ist fasziniert, zum Kontakt kommt es aber erst viel später. «Ich dachte nur: Es wäre der Hammer, dort dabei gewesen zu sein», sagt er. Wie alle anderen glaubt er auch, es sei eine einmalige Aktion gewesen.Das Video erreicht Dave Grohl. Er ist entzückt, schickt sofort eine Videobotschaft nach Cesena. In gutem italienisch freut er sich über die Hommage und verspricht, bald zu kommen.In Florenz ist ein Rüthner unter den 1000Im November 2015 ist es so weit. Die Foo Fighters spielen in Cesena. Fabio Zaffagnini hat das Ziel erreicht. Doch die Geschichte der 1000 ist noch nicht fertig. Das kann nicht alles gewesen sein, denken sich die Musiker. Und machen sich an die Arbeit.Drei Jahre später steht an diesem Samstag in Florenz der vierte Auftritt der Rockin’ 1000 bevor. In diesem Jahr ist Flavio Strässle dabei, heute beginnt die Reise des Schlagzeugers aus Rü-thi. 600 Kilometer später wird er auf 1499 Menschen treffen, die seine Leidenschaft teilen. Am Flughafen von Bologna wird er einen spanischen Bandkollegen abholen. Die Band ist international.Die Grossband ist vielseitiger gewordenDass es in diesem Jahr 1500 Musiker aus aller Welt sind, die im Fussballstadion Artemio Franchi auftreten, zeigt: Die Rockin’ 1000 haben sich weiterentwickelt. Es sind nicht mehr «nur» je 250 Sänger, Gitarristen, Bassisten und Schlagzeuger. In diesem Jahr sind 500 Musiker mehr dabei, Bläser, Keyboarder, Perkussionisten. 18 Lieder werden sie spielen – angefangen mit «Learn to Fly», das am Ursprung der Band stand. Die anderen Lieder sind ebenfalls Covers von berühmten Grössen des Rocks: Bruce Springsteen, Linkin Park, Oasis.Flavio Strässle zeigt, wie die Bandmitglieder üben. «Es ist ja unmöglich, mit so vielen Leuten zu proben, daher mussten sie sich etwas einfallen lassen», sagt er. Die Rockin’ 1000, mittlerweile etabliert und gross geworden, haben auf der Webseite Videos zur Verfügung gestellt, in denen «Gurus» zeigen, welche Musiker welche Parts spielen. Die «Gurus» haben merklich Spass an ihrer Aufgabe, lachen immer wieder, nehmen sich gegenseitig aufs Korn. Sie sind ein gutes Abbild des Geistes der Rockin’ 1000.Ein Arbeitskollege half beim SchlagzeuglernenDieser Geist hat Flavio Strässle dazu veranlasst, Teil der Rockin’ 1000 sein zu wollen. Nachdem die Band 2016 in Cesena einen eigenen Auftritt hatte, hat es ihn definitiv gepackt. Es war klar, dass es keine einmalige Aktion war, sondern weiterging. «Ich habe mich über das Internet registriert und eine Probe eingeschickt. Die Leiter haben mich bewertet, es kam eine Antwort: Du bist in der Band», sagt er.Nach der Antwort hat der 34-Jährige erst mal leer geschluckt. Er fragte sich: «Wie lerne ich denn in vier Monaten, richtig Schlagzeug zu spielen?»Flavio Strässle war zwar früher Perkussionist in der Stadtmusik Altstätten und spielte bei den Tambouren. Schlagzeug aber war bis dahin nur ein Hobby, das er sich selbst beigebracht hat.Den grossen Auftritt wegen Krankheit verpasstZu seinem Glück konnte er auf einen Arbeitskollegen zählen, der nebenbei Schlagzeuglehrer ist. Sie schafften ein zweites Schlagzeug in Flavio Strässles Haus in Rüthi und übten fleissig. Es lief alles am Schnürchen, der Auftritt bei den Rockin’ 1000 in Courmayeur war Motivation genug. Flavio Strässle reiste ins Aostatal, nahm an den Proben teil, freute sich auf den Auftritt. Den er dann jedoch krank verpasste.Was blieb, waren die Eindrücke der Probentage. «Es war wie an einem Open Air, es herrschte eine unglaubliche Verbundenheit untereinander, egal, woher jemand kam», sagt Flavio Strässle. Er erzählt von einem alten Kanadier, von drei Schweizern, von einem Spanier, der aus Vigo 1800 Kilometer mit dem Auto anreiste. Er zeigt ein Video, das die Lageratmosphäre mit einem grossen Feuer in der herrlichen Berglandschaft abbildet.Der Film hat Flavio Strässle in seinem Plan bestärkt, 2018 dabei zu sein. Nebenbei hat er sich der Musik noch mehr verschrieben: Aus eigener Initiative schloss er sich ehrenamtlich dem Werdenberger Kleintheater Fabriggli an. Für das Fabriggli organisiert er im Jahr rund zehn Konzerte, indem er nach passende Bands sucht und diese nach Buchs holt. Wer mit Flavio Strässle spricht, merkt: Seine Leidenschaft ist die Musik. Ob alleine bei dieser Arbeit oder mit 1499 Kollegen.www.rockin1000.com