19.07.2019

Herr über 38 Parzellen

Seit 18 Jahren steht Alexander Jakob als Präsident der Schrebergartenkolonie Feldli vor. «Ich suche immer einen Kompromiss» sagt er.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
Andrea C. PlüssDie Arbeit im elterlichen Schrebergarten empfand Alexander Jakob stets als Last. Aufgewachsen ist der 49-Jährige unweit der Schrebergärten an der Feldlistrasse. Regelmässig musste er beim Ernten der Stangenbohnen helfen. Nie im Leben werde er einen Schrebergarten besitzen, habe er sich damals geschworen, erinnert sich Alexander Jakob.Es sollte anders kommen. 1997 erwarb Jakob das Haus an der Feldlistrasse 3. Angrenzend an die Häuser mit den ungeraden Hausnummern erstreckt sich das Schrebergartenareal. Wenige Jahre später wandte sich der Präsident des dafür zuständigen Familiengärtnervereins an Alexander Jakob. «Er wollte das Amt altershalber abgeben und warb mich als seinen Nachfolger an», sagt Jakob. So kam der Rheinecker zu Amt und Schrebergarten. Heute geniesst er die Idylle hinter seinem Haus.Den Schrebergarten hinterm HausDer Übergang vom Privatgrundstück zum Schrebergarten ist fliessend, es gibt keinen Zaun. Alexander Jakob erfreut sich an der Vielfalt in seinem Kräuterbeet, an der Zucchettis und Kohlrabis. Zwanzig Rappen pro m2 haben die Pächter der Parzellen zu entrichten; im Jahr sind das, je nach Parzellengrösse, zwischen 20 und 40 Franken. «Mit den eingenommenen 450 Franken sind die jährli-chen Kosten der Ortsgemeinde Rheineck gedeckt, die dem Familiengärtnerverein das Land verpachtet hat», sagt Alexander Jakob, «vom Restgeld gehen wir nach der Hauptversammlung in den Italiener-Club zum Spaghettiplausch.Jakob schätzt, dass etwa 90 Prozent der Schrebergärtner im Feldli über 60 Jahre alt sind. Kürzlich konnte er einer Familie mit vier schulpflichtigen Kindern eine Parzelle zuteilen. «Sie warteten bereits seit fünf Jahren, dass etwas frei wird», sagt Jakob, dem man die Freude, auch jüngere Leute im Verein zu haben, ansieht. Die Schrebergärten im Feldli sind beliebt; der Präsident, der auch das Amt des Aktuars innehat, führt eine Warteliste. «Einen Kassier haben wir noch, aber es gibt kaum Vereinsmitglieder, die ein Amt übernehmen wollen», sagt Jakob und ergänzt: «Es mag auch daran liegen, dass viele Mitglieder deutlich im Rentenalter sind.» Die meisten Schrebergärten bleiben in der Familie. Seit 20 Jahren sei nur die besagte eine Parzelle frei geworden, gibt Jakob an.An grössere Probleme im Miteinander und Nebeneinander von Schrebergärtnern und Hausbewohnern mag er sich nicht erinnern. Hin und wieder gebe lautere Musik oder der Einsatz lärmerzeugender Gartengeräte Anlass für eine Beschwerde. «Ist die Musik zu laut, muss ich hin und wieder zwischen den Hauseigentümern und den Schrebergärtnern vermitteln», meint Alexander Jakob, «da sitze ich sozusagen immer zwischen den Stühlen – mit dem Haus und einem Schrebergarten.» Bislang sei es ihm stets gelungen, einen Mittelweg zu finden. «Ein Kompromiss lässt sich eigentlich immer finden», sagt er. «Wir sind ja human, was die Regeln angeht.»