22.05.2022

Kulturforum Berneck: Virtuose und turbulente Schattenbilder

Mit «Moving Shadows» lud das Kulturforum Berneck zu einer Show, wie sie das Rheintal noch nie sah. Weltformat.

Von Max Pflüger
aktualisiert am 02.11.2022
Einen bellenden Hund an die Wand werfen, Schattenspiele mit den Händen, das kennt man aus dem Kinderzimmer. In einem weiten Rahmen zaubert die Kölner Theatergruppe «die Mobilés» Schatten auf eine Leinwand und erzählt ohne Worte faszinierende Geschichten aus dem täglichen Leben, von poppigen Klangwelten, aus der Evolution des Menschen oder ganze Filmstorys.Acht Frauen und Männer bewegen sich hinter einer Leinwand, tanzen, turnen, verbiegen sich und vollbringen im wechselnden Schweinwerferlicht akrobatische Meisterleistungen. Das Publikum sieht die Akteure nicht. Es sitzt vor der Leinwand und sieht nur die Schatten.Was die Zuschauerinnen und Zuschauer zu sehen bekommen, ist Spitzenleistung. Die Körperschatten der Frauen und Männer verschmelzen zu Gegenständen, Instrumenten, Motorrädern, Autos und Helikoptern ebenso wie zu Stühlen und Tischen. Die lösen sich wieder auf und gruppieren sich neu zu Tieren, zu Elefanten, Giraffen, einem Känguru mit Jungem in der Tasche, zu Vögeln, Löwen oder Spinnengetier. Dann gleich wieder zu Blumen oder Buchstaben. Das alles in atemberaubendem Tempo. Die rund 150 Gäste kommen aus dem Staunen kaum heraus und amüsieren sich bestens.Die entstehenden Bildergeschichten erzählen sich selbst und kommen ohne Worte aus. Da ist zum Beispiel der zu stark geschlagene Golfball, der rund um die Welt fliegt: nach Holland, nach London, übers Meer zu den Cowboys und -girls und über den Osten und Indien zurück nach Europa in die Lagunenstadt Venedig. Und da sind die Erinnerungen an berühmte Popgruppen und deren Konzerte, etwa an die Beatles oder an Abba. Herrlich erinnern die Schattenbilder auch an grosse Filme, an «Titanic», «Spiel mir das Lied vom Tod», «Winnetou», «Der König der Löwen» und «Easy Rider». Grossartig ist auch die Darstellung der Entwicklung der Menschheit vom ersten Umgang mit dem Feuer über die Erfindung der Schmiedekunst, Automobil, Lokomotive, Flugzeuge bis hin zur Eroberung des Weltalls und der Erfindung des Smartphones.Gefühlvoll ist die Liebesgeschichte der beiden Hauptpersonen gezeichnet, umrahmt von der Beziehung zu einem kleinen Vögelchen, welches das Paar immer begleitet. Aber auch Humor und Realität sind in die romantische Begegnung eingeflochten. So fordert die Frau ihren Mann vehement zum Putzen des Hauses auf und er hat darum einen verzweifelten Kampf mit einer Spinne und einem renitenten Besen auszufechten. Das ist bei weitem nicht die einzige Szene zum Schmunzeln: Witz und Komik beherrschen die Schattenszenerie immer wieder.So erlebte das Publikum einen abwechslungsreichen Schattentheaterabend, wie er zuvor im Rheintal wohl noch nie zu sehen war. Für den tosenden Applaus bedankten sich die Aufführenden mit schattiger Buchstabeninschrift auf der Leinwand: «Danke Berneck».