17.05.2021

Rheineck ist ein Lärm-Hotspot

Im Rheintal werden Grenzwerte entlang der Hauptverkehrsrouten überschritten. Der Lärmschutzkataster ist neu online.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 03.11.2022
Seit März ist der Strassenlärmbelastungskataster des Kantons St. Gallen auf dem Geoportal aufgeschaltet – www.geoportal.ch, unter dem Kanton St. Gallen im Menü «Umwelt-, Naturschutz», «Umweltschutz, Lärm» und «Strassenlärmbelastungskataster KtSG» kann jeder Interessierte auf der Landkarte nachschauen, ob sein Grundstück, respektive Haus in einem Gebiet liegt, das starkem Verkehrslärm ausgesetzt ist.Der Lärmschutzkataster war schon vorher öffentlich, aber es war umständlich, ihn einzusehen. Entweder konnte man diesen beim Kanton anfordern oder auf dem Grundbuchamt der Gemeinde. «Diese Karten auf Geoportal online und auf den neuesten Stand zu bringen, war ein vierjähriges Projekt», sagt Andreas Kästli, Kantonsingenieur- Stellvertreter.Daten können immer wieder aktualisiert werdenUm aktuelle und genaue Werte zu berechnen, wurden beispielsweise Verkehrszählungen an diversen Orten durchgeführt, selbst Schulklassen kamen dafür zum Einsatz. Es floss unter anderem ein, was für eine Art von Verkehr den Lärm an einem Standort bestimmt: Etwa häufiger Lastwagenverkehr in der Nähe von Industriequartieren oder hohe Dezibelzahlen von Motorradlärm an anderen Orten. Die Sisyphos-Arbeit der ermittelten Verkehrszahlen an mehreren Stellen sollte nun aber über längere Zeit Bestand haben. Diese neuen Orte wurden anhand von Modellrechnungen den fix installierten Zahlstellen zugeordnet. Je nachdem, wie sich der Verkehr dort verändert, können Rückschlüsse auf Veränderungen in den nahegelegenen Gebieten gezogen werden.Von Thal bis Lienz gibt es 21 Zählstellen. Am meisten Motorfahrzeuge wurden letztes Jahr im durchschnittlichen Werktagsverkehr mit knapp 19500 Motorfahrzeugen auf der Diepoldsauer Rheinbrücke gezählt, gefolgt von Thal, Zahlstelle Hegi, mit rund 16500, danach folgen Widnau Poststelle (rund 14000) und Heerbrugg Feuerwehrstrasse (rund 13500). Auf der Karte selber sind die Orte in Altrosa eingefärbt, die bei einem Bauvorhaben einen Lärmnachweis benötigen.Lärmwerte sind bei Neubauten verpflichtendIm neugebauten Gebäude darf weder der Alarmwert (rote Häuser), noch der Immissionsgrenzwert (gelbe Häuser) überschritten werden. «Die Dienstleistung wird vor allem von Architektur- und Ingenieurbüros geschätzt. Wir hatten schon einige Rückmeldungen», sagt Andreas Kästli.Bei Strassensanierungen wird darauf geachtet, dass Verbesserungen für Gebäude erzielt werden, bei denen der zweithöchste (Immissionsgrenze) oder gar höchste (Alarm) Wert überschritten wird.In unserer Region spielt vor allem die Immissionsgrenze entlang von Hauptstrassen eine Rolle. Massnahmen gibt es verschiedene.In Rheineck die meisten Häuser mit AlarmwertDie Lösung kann ein Belag sein, der den Lärm besser schluckt. In Diepoldsau wurde in Zollnähe mit einer Lärmschutzwand gearbeitet. Werden Alarmwerte erreicht, können lärmdichte Fenster bei den Gebäuden oder gar Lärmschutzwände entlang der Strassen die Lösung sein, die etwa in Rheineck bei der A13 eingesetzt wurden. Rheineck ist in unserer Region mit Abstand der Ort mit den meisten rot (Alarmwert) eingefärbten Häusern. Dies, weil sich die Bahnlinie, die Autobahn und die Hauptstrasse quasi durch das Städtli quetschen.«Es wäre ein Traum, wenn man am besten gleich alle drei Verkehrsadern in einem Tunnel unter dem Dorf durchführen könnte», sagt Rheinecks Stadtpräsident Urs Müller. Natürlich sei das unrealistisch, wäre aber zumindest in manchen Gebieten ideal. Allerdings wurde in Rheineck in den letzten Jahren auch einiges verbessert. Etwa der Hauptverkehr ums Zentrum herum geführt. Auch spezielle Fenster wurden in stark lärmbelasteten Gebäuden eingebaut. Und wie schon erwähnt, brachte auch die Lärmschutzwand entlang der Autobahn für viele Gebäude eine massive Entlastung, auch wenn es laut Urs Müller bisher mit der vom Bundesamt für Strassen (Astra) versprochenen Bepflanzung noch gar nicht geklappt hat. Was allein schon rein optisch eine Verbesserung wäre.«Die tieferen Lärmwerte sind auf dem Lärmkataster leider nicht immer ersichtlich», sagt Andreas Kästli und erklärt: «Wenn in einem Gebäude auch nur bei einem Fenster der Wert überschritten wird, bleibt das Gebäude mit dem Alarmwert rot markiert.»Lärmwert wird bei offenen Fenstern gemessenParadoxerweise wird der Lärmpegel bei geöffnetem Fenster gemessen. Also selbst wenn in den Innenräumen der Verkehrslärm kaum mehr gehört werden kann, wird mit der Markierung suggeriert, dass die Bewohner unter übermässig starkem Lärm zu leiden haben – so ist es von Bundesebene her vorgeschrieben.Bei Neubauten muss darauf geachtet werden, dass etwa Wohnzimmer, also Räume, in denen man sich viel aufhält, zur strassenabgewandten Seite hin gebaut werden. Auch in Rhein-eck ist also die Lärmsituation nicht so schlimm, wie sie sich im Lärmkataster anhand der roten Gebäude darstellt. Andreas Kästli sagt dazu: «Unsere Idee ist, dass wir künftig auf der Karte auch darstellen können, wo Schallschutzfenster eingebaut worden sind.»Insgesamt darf festgestellt werden, dass der Verkehrslärm im Rheintal kein entscheidendes Problem darstellt; vorausgesetzt, man lebt nicht unmittelbar neben einer stark befahrenen Durchgangsstrasse.Mit Blick in die Zukunft sagt Andreas Kästli aber: «Ich wünsche mir, dass die Ortsplanungskommissionen bei der Planung und Erschliessung von Wohn- und Industriequartieren stärker mit uns zusammen arbeiten. Also gleich von Anfang an mehr Rücksicht auf die Lärmbelastung genommen wird.»