Fussball 29.06.2023

Schiedsrichtern ist eine Lebensschule, sagt ein ehemaliger Spitzen-Ref

Der Fussballclub Altstätten lud am Mittwochabend zu einem spannenden Sport-Talk ins Raiffeisen-Atrium ein. In der Talkrunde ging es um die Wichtigkeit sowie die Rolle des Spielleiters.

Von Hansueli Steiger
aktualisiert am 29.06.2023

Den Fragen des Moderators Sven Lenzi stellten sich der ehemalige Spitzenschiedsrichter Nikolaj Hänni, der Altstätter Verteidiger Simon Eugster und der Rüthner Spielleiter Lukas Weber.

Auf die Frage, wieso jemand Schiedsrichter wird, antwortete Hänni, er möge es, auf dem Platz zu stehen. Mittlerweile pfeift der 47-Jährige Spiele in tiefen Ligen. An sein Super-League-Debüt erinnert er sich gut: «2007 im Espenmoos, St.Gallen gegen Xamax.» Er hat mit 17 Jahren begonnen zu pfeifen. «Früher gab es nur Turnverein oder FC. Ich bin in den FC.» Er habe aber bemerkt, es fussballerisch nicht weit zu bringen.

Ich dachte: Tschutta chasch jo eigentlich nöd. Im Nachhinein war der Entscheid, Schiedsrichter zu werden, sicher richtig.

Bei Lukas Weber, Schiedsrichterchef des FC Rüthi, war es ein Erlebnis in einem C-Junioren-Match. Er bekam Gelb-Rot. «Beide Karten waren unberechtigt und ich sagte: Das kann ich besser!» Weber sah sich nie als guten Fussballer: «Drittliganiveau hätte ich nie erreicht.» Als Schiri hat er die Drittliga-Reife diese Saison geschafft. Er sagt: «Schiedsrichtern macht mir enorm Spass, man kann sagen, ich sei angefressen.»

«Ich muss ob der Leistung der Schiris immer wieder den Hut ziehen», sagte Simon Eugster. Er diskutiere wenig, auch wenn dem Spielleiter mal ein Fehler passiere. «Wir sind Amateurfussballer. Wir machen Fehler, also darf auch der Schiedsrichter, der innert Sekundenbruchteilen entscheiden muss, auch mal falsch entscheiden. Wir sind alles Menschen.» Für Eugster ist ein anderer Faktor elementar: Respekt. «Egal, ob im Beruf, privat oder auf dem Fussballplatz. Man muss respektvoll miteinander umgehen.» Von den zehn gelben Karten in der letzten Saison habe er keine einzige wegen Reklamierens oder einer Unsportlichkeit bekommen. «Die waren alle erarbeitet», sagte der 28-jährige Abwehrspieler schmunzelnd.

Hänni sagte, für ihn war und sei Schiedsrichtern eine Lebensschule mit vielen Lerneffekten. «Ein Faktor ist, mit Kritik umgehen zu können», das sei ja im «richtigen» Leben nicht anders. Er erzählt aus einem Spiel, das zu seinem Waterloo wurde: «In diesem Spiel vor etwa 13 Jahren zwischen Mattersburg und Alt­ach lief so ziemlich alles falsch, was falsch laufen konnte.» In den Zeitungen wurde er anderntags zerrissen. «Aber Aufgeben kam nicht in Frage.» Der Erfolg gab ihm recht.

Weber nahm das Thema Res­pekt auf und sagte, auch Eltern müssten ihre Vorbildfunktion wahrnehmen. Eugster sagte:

Ich will jedes Spiel gewinnen, egal gegen wen. Aber die Grenzen sind erreicht, wenn der Respekt zum Schiedsrichter verloren geht. Es gibt einen Grundanstand, den man wahren muss.

Wie soll ein F-Junior Res­pekt lernen können, wenn sein Vater an der Linie dauernd gegen den Schiedsrichter poltert? Hänni ging es so, als er in der ersten Saison als Schiedsrichter nach einem Spiel von zwei Spielervätern übel beschimpft wurde. «Ich wollte den Bettel hinschmeissen.» Im nächsten Spiel seien drei Spielergrossväter auf ihn zugekommen. «Sie haben gratuliert und gesagt, ich hätte ausgezeichnet gepfiffen.» Dieser Moment habe den Frust von zuvor vergessen gemacht.

Marcel Stofer, Schiri-Verantwortlicher des OFV, sagte, die Eintrittsbedingungen seien einfach. «Man muss mindestens 15 Jahre als sein, in zwölf Minuten 2000 Meter laufen können und den Regeltest bestehen.» Nach einem zweieinhalbtägigen Kurs in Ruggell sei man angekommen in der Schiedsrichterwelt – eine Welt der Emotionen und meist schönen Erlebnisse.