22.11.2019

Ungehindert zur Arbeit

Eine Studie zeigt: Im Rheintal zu leben und zu arbeiten, hat gewichtige Vorteile.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Erarbeitet haben die Studie fünf Studenten der Fachhochschule St. Gallen im Auftrag des Vereins St. Galler Rheintal. Es ging um die Klärung, ob gefühlte Vorzüge und Nachteile unseres Lebensraumes tatsächlich bestehen. Zusätzlich zur Umfrage wurden je zehn Rheintaler Unternehmer und Zürcher Top-Arbeitgeber interviewt.53 Prozent von knapp 500 Befragten finden, Job und Privatleben «lassen sich vollumfänglich vereinbaren», weitere 35 Prozent bringen im Rheintal Job und Privatleben teilweise in Einklang.Die Erhebung zur zeitlichen Nähe von Wohn- und Arbeitsort sowie die Frage nach Freizeit-Vorlieben lässt eine politisch bedeutsame Folgerung zu. Nach der Bewegung zu Fuss ist das Velofahren die zweitliebste Freizeitbeschäftigung, aber nur 24 Prozent (davon 4 Prozent mit dem E-Bike) fahren mit dem Velo zur Arbeit. Das legt die Vermutung nahe, bei einem deutlich besser ausgebauten Radwegnetz würde für den Weg zur Arbeit das Velo noch stärker benützt. Die Verantwortlichen des derzeit entstehenden Agglomerationsprogramms dürften sich also bestätigt sehen, zumal sie dem Ausbau des Veloverkehrs einen besonderen Stellenwert beimessen.Von den Befragten benützt eine Mehrheit von 62 Prozent das Auto, um zur Arbeit zu gelangen. Dass 78 Prozent auf ihrem Arbeitsweg von Stau verschont bleiben und 74 Prozent maximal 15 Minuten brauchen, bis sie den Betrieb erreichen, sind im Vergleich zu anderen Regionen wie Zürich beträchtliche Vorteile.Home Office hat noch tiefen StellenwertHingegen hinkt das Rheintal gegenüber Zürich mit flexiblen Arbeitszeitmodellen etwas hinterher, nur 16 Prozent arbeiten teilweise zu Hause (Home Office). Auch beim Teilzeitangebot und beim Job-Sharing besteht Nachholbedarf. Klar ist: Flexible Arbeitszeitmodelle erhöhen die Chance des beruflichen Wiedereinstiegs von Müttern und Vätern. Familienunterstützende Programme gebe es zwar hier wie dort, das Angebot sei aber oft gar nicht bekannt. Die Kindertagesstätten von Firmen bezeichnet die Studie als «ausbaufähig». Mit dem Lohn sind 21 Prozent vollumfänglich und 63 Prozent überwiegend zufrieden, die Gleichheit des Lohnes von Mann und Frau bejahen (nach ihrer subjektiven Empfindung) 72 Prozent, 27 Prozent denken, Männer mit gleichwertiger Arbeit seien im Vorteil.Mit Blick auf Kaderpositionen bescheinigt die FHS-Studie dem St. Galler Rheintal, es sei frauenfreundlicher als Zürich. Hingegen «kommt Diskriminierung am Arbeitsplatz im Rheintal häufiger vor». Das Ausgangsangebot für Jugendliche und junge Erwachsene im Rheintal sei entwicklungsfähig.Lohntransparenz für LohngleichheitDen Unternehmen empfiehlt die Studie mehr moderne Arbeitszeitmodelle und den Betrieb firmeneigener Fitnessstudios bzw. die Abgabe vergünstigter Fitnessabos. Ebenso wird die Förderung des Velofahrens ans Herz gelegt. Lohntransparenz wird zugunsten der Lohngleichheit zwischen Mann und Frau empfohlen. Die Rheintaler Unternehmen könnten sich mit dem Label Equal Salary zertifizieren lassen, um die Lohngleichheit nachzuweisen. Regelmässige Mitarbeitergespräche und ein Verhaltenskodex wirkten zudem der Diskriminierung am Arbeitsplatz entgegen.Kasten:90'000 sahen Hoppid-FilmeDer Verein St. Galler Rheintal wertet seine Image-Kampagne als Erfolg. Das Herzstück dieser Kampagne ist ein Quiz auf der Webseite greatplace.ch, mit dem sich herausfinden lässt, wo sich der eigene «Greatplace» befindet. Eine Besonderheit sind die sechs kurzen Hoppid-Filme, die das Rheintal bekannter gemacht haben. In den Filmen erzählt der Rheintaler Stand-up-Comedian Nico Arn, aus welchen Gründen seine Heimat ein grossartiger Ort ist. Die Kampagne ist von einem Wettbewerb begleitet, bei dem sich bis Ende Jahr monatlich verschiedene Rheintaler Glückspakete mit Rheintaler Spezialitäten gewinnen lassen. Die Kampagne startete zeitgleich der Rheintalmesse Rhema, wo rheintal.com mit einem Stand vertreten war.Wie zu dem Quiz gelangt man auch zu den Hoppid-Filmen über die Plattform greatplace.ch. 90000 Interessierte haben sich die Filme angesehen; es gab 1500 Reaktionen, grossmehrheitlich positive. Am Quiz nahmen gut 34000 Personen teil, das sind 64 Prozent aller Besucher der Quiz-Seite.Der Verein St. Galler Rheintal setzt die Kampagne nächstes Jahr fort. Die Zielgruppe sind junge Erwachsene in der Deutschschweiz. Sie für einen Umzug ins St. Galler Rheintal zu bewegen, scheint dem Verein am ehesten möglich. Die Überlegung: Wer vor der Gründung einer Familie steht (z. B. Rheintaler nach einem Studium in Zürich), sucht genug erschwinglichen Wohnraum.