13.07.2018

«Viele sind heute offener»

Ist das Open Air noch ein Musikfest oder einfach ein Dorffest? Hannes Hagen vom Verein Szene Lustenau sagt, das Publikum interessiere sich für die Musik. Und zwar überall.

Von Remo Zollinger
aktualisiert am 03.11.2022
Remo ZollingerFür viele Rheintaler ist das Szene-Open-Air, das jedes Jahr ne­ben dem Schmitter-Zoll stattfindet, eine Art «Heimspiel». Sie schätzen es wegen der Nähe, des Flairs und der Musik. Hannes Hagen sagt, genau das mache das Fes­tival aus. An eine Vergrösserung des Festivals denkt er aber nicht. Wieso hat sich das Szene-Open-Air so gut etabliert? Hannes Hagen: Es ist gemütlich hier, das Musikangebot vielfältig. Weltstars und Workshop-Bands aus der Region geben sich die Klinke in die Hand. Es gibt Besucher, die ihre alten Schulkollegen auf der Bühne spielen sehen. Das schätzen sie. Ein Berner Journalist sagte kürzlich, die Gäste gingen heute nicht mehr wegen der Musik an Open Airs. Diese seien nur noch Dorffeste. Das ist mir zu viel Schwarz-Weiss-Denken. Es gibt überall Leute, die nur kommen, um sich zu betrinken. Auch bei uns. Aber wenn ich sehe, wie gedrängt die Leute vor der Bühne die Musik feiern, bin ich sicher: Unser Publikum interessiert sich stark für die Musik. Und das tut es auch in Bern. Und überall. Auch Club-Zelte mit Tanz­musik bekamen ihr Fett weg. Die Diskussion erübrigt sich, die Zelte sind ja immer voll. Ich denke nicht, dass diese Musik an Open Airs nichts zu suchen hat. Viele Leute sind heute offener. Es ist schön, wenn sie sich für viele Stilrichtungen begeistern. Ich kenne Leute, die gehen an einem Tag an eine Electro-Party und am nächsten an ein Heavy-Metal-Konzert. Da spricht doch nichts dagegen. Zudem überträgt sich diese Toleranz häufig auf andere Bereiche im Leben. Auch so entsteht Verständnis für andere Philosophien und Kulturen. Stehen von Abfall übersäte Felder nach einem Festival für eine Wegwerfgesellschaft? Mag sein. Doch es gibt Ursachen dafür. Ich erinnere mich an eine englische Zeitung, in der das ein Thema war. Sie zeigte ein Bild aus Glastonbury nach dem Fest. Unten war eine Werbung für Zelte für 10 Pfund abgedruckt. Da ist die Verlockung einfach gross. Ich denke aber, das Schlimmste liegt hinter uns. Es gibt ein Bewusstsein, wir fördern das aktiv. Und: Es ist auch ein optisches Problem. Liegt der Abfall einen Tag auf der Wiese, sehen es alle – und es sieht sehr schlimm aus. Doch ein Open-Air-Gänger verursacht nicht mehr Abfall als andere. Und es wird alles fachgerecht aufgeräumt. Das Szene-Open-Air ist oft ausverkauft. Wann wird es grösser? Wir wollen am Alten Rhein bleiben und können an diesem Ort gar nicht wachsen. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, nicht primär auf Gewinn aus. Dadurch haben wir weniger Möglichkeiten als andere. Die selbst auferlegten und «natürlichen» Grenzen kommen uns entgegen: Gewisse Fragen, logistische und finanzielle, stellen sich für uns als Organisatoren gar nicht. Würden wir in eine höhere Liga aufsteigen, würde auch das Risiko wachsen. Das wollen wir nicht.Das 29. Szene-Open-Air findet vom 2. bis 4. August in Lustenau statt, neben dem Schmitter-Zoll.