Christlich 23.04.2023

Was Nächstenliebe und Verkehrsregeln gemeinsam haben

Nächstenliebe ist ein Wort, das sehr fromm daherkommt. Doch was hat es mit ihm auf sich?

Von Lucas Kägi, Sozialdiakon i. A.
aktualisiert am 23.04.2023

In meiner Ausbildung am TDS Aarau durfte ich unter anderem das Modul «Theologie des Neuen Testaments» besuchen. Wir beschäftigten uns mit diversen Bibeltexten und damit, was sie uns heute noch sagen wollen. So auch mit Folgendem:

«Haltet vor allem an der Liebe zueinander fest, ohne nachzulassen! Denn die Liebe deckt die Fülle der Sünden zu. Seid gastfreundlich, ohne zu murren. Dient ei­nander – ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat – als gute Haushalter der vielfältigen Gnade Gottes.» (1. Petr. 4, 8 – 10)

Petrus fordert uns auf, beständig zu lieben, im Guten wie im Schlechten. Die meisten denken wohl daran, dass man füreinander da ist, wenn es einmal schwierig ist. Das ist sicher nicht falsch.

Bleiben, wenn Schwierigkeiten überwunden sind

Ich denke aber, es ist auch wichtig, da zu bleiben, wenn die Schwierigkeiten überwunden sind. Sonst steht die andere Person vielleicht plötzlich allein da und hat mit anderen Problemen zu kämpfen.

Das Zweite, das uns Petrus mitgeben will, ist, dass die Liebe uns vor der Sünde schützt. Ich habe lange nach einem Vergleich gesucht und einige meiner Ideen wieder verworfen. Schliesslich bin ich auf Folgendes gekommen:

Ähnlich wie uns die Verkehrsregeln beim Auto- oder Velofahren vor Unfällen schützen, schützt uns die Nächstenliebe vor einem schlechten Umgang mit andern und uns selbst. Jetzt werden einige entgegnen, dass es trotzdem immer wieder Unfälle gibt.

Beeinflussen kann ich nur meinen eigenen Stil

Das stimmt, meist aber weil sich jemand nicht an die Verkehrsregeln gehalten hat. Beeinflussen kann ich nur meinen eigenen Fahrstil. Und so ist es wohl auch mit der Nächstenliebe. Ich kann einem anderen mit noch so viel Nächstenliebe begegnen, wenn er mir wirklich etwas Böses will, wird er mir dies tun.

Ich glaube aber, dass wenn ich jedem mit Nächstenliebe begegne, ich zumindest die Wahrscheinlichkeit mindern kann, dass mir jemand etwas Böses will.

Petrus ruft weiter zur Gastfreundlichkeit auf. Darunter versteht man die Einladung und Bewirtung oder die Aufnahme einer Person. Ich kann auch gastfreundlich mit meiner Zeit umgehen und sie denen, die sie benötigen, zur Verfügung stellen.

Mit unseren Gaben dienen

Zuletzt ermahnt uns Petrus, mit unseren Gaben, die wir von Gott empfangen haben, zu dienen. In welcher Art wir dienen, unterscheidet sich also von Person zu Person. Wer eine Begabung zu lehren hat, dient der Gemeinde, indem er oder sie andere unterweist.

Wer gut mit Kindern umgehen kann, dient, indem er oder sie bei der Gestaltung von Kinderprogrammen mithilft. Wer reich an finan­ziellen Mitteln ist, dient, indem er weniger Wohlhabende mit Spenden unterstützt.
Jeder ist fähig zu dienen, auf seine Weise.