31.01.2022

Wegen finanzieller Schieflage: Museumsverein will Prestegg der Stadt übertragen

​​​​​​​Für den Museumsverein Prestegg ist das historische Gebäude längerfristig finanziell nicht mehr tragbar. Damit die städtebaulich wertvolle Liegenschaft weiterhin einer öffentlichen Nutzung zur Verfügung steht, beabsichtigt der Vorstand, das "Zentrum für Geschichte und Kultur" der Stadt Altstätten zu übertragen. Auch Museumsmitarbeitende müssen entlassen werden.

Von pd
aktualisiert am 02.11.2022
Die letzten Monate waren für den Vorstand des Museumsverein Prestegg turbulent. "Sie glichen einer Achterbahnfahrt.", heisst es in einer Medienmitteilung des Vereins. Während sich die breite Öffentlichkeit über die Eröffnung des Zentrums für Geschichte und Kultur freute, wurde dem Vorstand durch die vertiefte Auseinandersetzung mit der finanziellen Situation immer stärker bewusst, dass die Tragbarkeit der Liegenschaft für den Verein längerfristig nicht gegeben ist. Auch können die betrieblichen Verbindlichkeiten und Löhne der Mitarbeitenden vom Museumsverein nicht mehr finanziert werden. "Der Vorstand hat intensiv nach Lösungen gesucht, um die finanzielle Lage nachhaltig zu verbessern. Verschiedene Gespräche mit Fachpersonen sowie Vertretern der Stadt, der Rheintaler Kulturstiftung und dem Amt für Kultur des Kantons St.Gallen zeigten auf, dass eine radikale Strukturanpassung und Neuausrichtung des im Jahr 1895 gegründeten Vereins notwendig sind.", heisst es weiter."Wir empfehlen unseren Vereinsmitgliedern deshalb, dass der Museumsverein die historische Liegenschaft an die Stadt überträgt. Nur so kann eine öffentliche Nutzung des Gebäudes gesichert und der Verein vor einem finanziellen Schiffsbruch bewahrt werden", erklärt Sonja Arnold. Sie wurde letzten August in den Vorstand des Museumsverein Prestegg gewählt und will den Verein in eine sichere Zukunft führen. Damit das Übertragen der attraktiven Liegenschaft an die Stadt erst möglich wird, müssen die Vereinsmitglieder einer Zweckänderung in den Statuten zustimmen.[caption_left: Gemäss Vorstandbeschluss soll die Prestegg-Liegenschaft an die Stadt Altstätten übertragen werden. Sonja Arnold als designierte Präsidentin des Museumsvereins Prestegg hat zusammen mit dem Vorstand, dem Amt für Kultur, der Rheintaler Kulturstiftung und der Stadt Altstätten die Grundlagen für die neuen Strukturen für den Traditionsverein erarbeitet, die an der nächsten Mitgliederversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt werden. (Bild: pd)]Rheintaler Kulturstiftung gewährt zinsloses DarlehenUm die Fixkosten und die Löhne der Angestellten bis Ende April bezahlen zu können, gewährt die Rheintaler Kulturstiftung dem Museumsverein ein zinsloses Darlehen von maximal 103'000 Franken. Dieses ist notwendig, weil das Budget 2022 der Stadt Altstätten aufgrund einer Abstimmungs-beschwerde blockiert ist und die Stadt somit keine Zahlungen an den Museumsverein tätigen kann. Die Darlehenshöhe wurde aufgrund des vom Vorstand aufgestellten Budgets für die Finanzierung von Löhnen und Fixkosten für die Monate Februar bis und mit April 2022 festgelegt. Das Darlehen ist mit einem Grundpfandeintrag zu Gunsten der Rheintaler Kulturstiftung abgesichert. Die Rheintaler Kulturstiftung erwartet, dass die nächsten Monate genutzt werden, um den Verein und das Projekt «Zentrum für Geschichte und Kultur» neu zu positionieren und zusammen mit der Stadt Altstätten eine zukunftssichere Lösung zu erarbeiten.Arbeitsverhältnisse wegen Finanzlage aufgelöstDer Vorstand hat seine Verantwortung als Arbeitgeber wahrgenommen und an seiner Sitzung vom 28. Januar beschlossen, die Arbeitsverhältnisse per Ende April aufzulösen. Damit sichert er den Mitarbeitenden bis Ende der Kündigungsfrist die volle Lohnzahlung zu. «Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage müssen wir uns von unserer engagierten Kuratorin trennen. Es war für uns ein ganz schwerer Entscheid. Leider gibt es keine andere Lösung», bedauert Sonja Arnold. Damit scheidet die Kuratorin auch aus dem Vorstand des Museumsverein Prestegg aus.Weiter ist Fredi Frei als Vereinspräsident ad interim zurückgetreten und Brigitte Schneider hat ihren Rücktritt aus dem Vorstand auf die Mitgliederversammlung hin angekündigt. Beide bleiben dem Museumsverein jedoch als Mitglied erhalten. Alle anderen Vorstandsmitglieder haben sich trotz der schwierigen Situation und der grossen Herausforderungen bereiterklärt, weiterhin im Vorstand mitzuwirken. Neu wird sich Stefan Hildebrand an der Mitgliederversammlung zur Wahl in den Vorstand zur Verfügung stellen. «Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir auf engagierte Personen zählen können, die bereit sind, sich für den Museumsverein Prestegg ehrenamtlich einzusetzen. Deshalb freuen wir uns über die Bereitschaft von Stefan Hildebrand umso mehr», sagt Sonja Arnold, die den Verein aktuell als Vizepräsidentin führt und sich als neue Präsidentin zur Wahl stellen wird. Sie hofft, dass sich in den nächsten Wochen weitere Personen melden, die bereit sind, Freiwilligenarbeit zu Gunsten des Museumsverein zu leisten. Sei es im Vorstand oder für andere Aufgaben.Keine Auswirkungen für Diogenes TheaterMit dem vom Vorstand vorgesehenen Übertrag der Prestegg-Liegenschaft vom Museumsverein an die Stadt Altstätten würde auch der aktuelle Leistungsvertrag mit der Stadt annulliert. Damit die Stadt das Gebäude übernehmen kann, braucht es gemäss heutigem Kenntnisstand einen entsprechenden Volksentscheid. Stimmen die Bürgerinnen und Bürger der Übernahme zu, gehen auch die Hypothekarkredite über zwei Millionen Franken an die Stadt. Mit diesen wird aktuell sichergestellt, dass das kurz vor Vollendung stehende Bauprojekt abgeschlossen und die Rechnungen der Handwerker bezahlt werden können. Vorteile der angestrebten Lösung sind, dass der Verein nicht liquidiert werden muss, die Sammlungen im Besitz des Vereins bleiben, der Übergang keine Auswirkungen auf das Mietverhältnis mit dem Diogenes Theater hat und ein Konkurs des Museumsverein Prestegg abgewendet wird. «Wir sind dankbar, dass die Stadt in dieser schwierigen Situation helfend zur Seite steht. Gleichzeitig hoffen wir bei einer allfälligen Abstimmung auf das Wohlwollen der Bürgerschaft», sagt Sonja Arnold.Neue Leistungsvereinbarung muss abgeschlossen werdenDer Museumsverein Prestegg würde als Kulturverein bestehen bleiben, aber keine Liegenschaften mehr besitzen. Nur so sieht der Vorstand für den Verein eine Zukunft. Der Verein soll - wie in seiner ursprünglichen Form - die Sammlung betreuen, die Geschichte des Museumsverein weiterführen sowie Ausstellungen und Veranstaltungen organisieren. Diese würden über Spenden, Sponsoren, Mitgliederbeiträge, Eintritte sowie projektbezogene Förderbeiträge finanziert. «Die aktuelle Lagesehen wir auch als Chance, um den Museumsverein Prestegg grundlegend neu zu positionieren und neu auszurichten. Ziel muss es sein, dass wir zeitgemässe Konzepte erarbeiten und mit der Stadt eine neue Leistungsvereinbarung abschliessen können, um die Räume des neu erschaffenen Zentrums für Geschichte und Kultur zu beleben», sagt Sonja Arnold. Der Museumsverein Prestegg soll sich gemäss Vorstandsbeschluss auch künftig für die Vermittlung von historischen und kulturellen Themen engagieren. Der Vorstand hofft, dass die Mitglieder sowie die Bürgerinnen und Bürger den eingeschlagenen Weg mittragen. Sowohl der Stadtrat von Altstätten, die Rheintaler Kulturstiftung und das Departement des Innern des Kantons St.Gallen mit dem Amt für Kultur unterstützen das vom Vorstand beschlossene Vorgehen und die Zielsetzungen.