Region 03.11.2022

Zivilschützer Luca Würth: «Unser Team ist bei Strommangel bereit»

Luca Würth ist stellvertretender Kommandant der Zivilschutzorganisation Rheintal. Sein Team hat besonders mit Hochwasser Erfahrung. Ein Einsatz wegen Strommangels wäre neu. «Der Rheintaler Zivilschutz wäre aber bereit», sagt Würth.

Von Yann Lengacher
aktualisiert am 04.11.2022

Luca Würth wollte eigentlich Militärdienst leisten, musste diesen Plan aber wegen einer Schulterverletzung aufgeben. Mittlerweile ist der 32-jährige Bernecker stellvertretender Kommandant der regionalen Zivilschutzorganisation Rheintal. Bei Grossereignissen und Ka­tastrophen steht sie im Einsatz. Auch bei Strommangel oder -ausfall wäre dies der Fall (siehe Ausgabe vom 21. Oktober). Im Interview sagt Luca Würth, wie der Zivilschutz in einer solchen Situation helfen könnte und erzählt von bisherigen Einsätzen.

Der drohende Energiemangel ist in aller Munde. Welche Aufgaben kämen dem Zivilschutz in einer solchen Situation zu?
Luca Würth: Das hängt davon ab, wofür uns die Gemeinde und die Rheintaler Führungsstäbe in dieser Situation einsetzen. Wir nähmen sicher die Notfalltreffpunkte in Betrieb. Primär würden wir dort Bürgerinnen und Bürger über die aktuelle Situation aufklären. Bei Bedarf können wir auch Notrufe absetzen oder Erste Hilfe leisten. Wir haben zudem 51 unterschiedliche Stromgeneratoren, davon zwei Starkstrom-Dieselkompressoren.

Wofür würden Sie diese Geräte verwenden?
Beispielsweise, um eine medizinische Einrichtung mit Strom zu versorgen: Mit den Generatoren halten wir systemrelevante Abläufe aufrecht. In einer Strommangellage wird der Strom aber nur rationiert – Spitäler oder Polizeiposten hätten nach wie vor Strom. Daher kämen die Generatoren eher bei einem Stromausfall zum Einsatz. Je nach Situation können wir Strom für lebenswichtige Geräte zur Verfügung stellen, grundsätzlich bieten wir aber keinen Strom für Privatpersonen.

Können Sie garantieren, dass diese Generatoren im Ernstfall funktionieren?
Ja, wir führen einmal im Jahr Kontrollen durch und warten unser Material – nicht nur die Generatoren. Wir lassen jährlich alle Generatoren laufen und überprüfen die elektronischen Module. Diesen Prozess dokumentieren wir genau.

Üben Sie Szenarien, wie das einer Energiemangellage?
Wir spielen nicht ein Szenario durch, das «Energiemangellage» heisst. Aber: Wir stellen grundsätzlich sicher, dass alle Abläufe auch ohne Strom funktionieren. Bei einer Hochwasserübung haben wir zum Beispiel einmal versucht, ohne Strom auszukommen. Das hat gut geklappt. Wir könnten uns bei einem Netzausfall über die Generatoren auch selbst mit Strom versorgen. Karten und wichtige Dokumente bewahren wir physisch als Sicherungskopie auf.

Wären Sie und Ihr Team also bereit für einen Einsatz?
Wenn es hiesse «ihr müsst dort mit fünf Generatoren hin und die in Betrieb nehmen», dann sind wir zur Stelle, da habe ich keine Bedenken. Wir wissen um die Funktionsfähigkeit unseres Materials, und alle Teammitglieder kennen die Abläufe. Da wird es keine bösen Überraschungen geben. Wir haben Leute mit einem grossen Erfahrungsschatz.

Woher kommt die Erfahrung Ihres Teams?
Wir hatten schon zahlreiche Hochwassereinsätze. Und Krisen gab es ja schon vor der angespannten Energielage und dem Krieg: Wir halfen in Rheintaler Altersheimen aus, weil Corona Personalausfälle verursachte. 2015 waren wir durch die Flüchtlingskrise gefordert und Anfang Jahr empfingen wir Geflüchtete aus Afghanistan. Das waren neue Situationen für uns.

Haben Sie auch genug Zivilschützer im Team? Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats will Zivilschutz und Zivildienst zusammenlegen, weil es ersterem an Personal fehlt.
Wir haben den geforderten Sollbestand im Zivilschutz Rheintal. Wir bekunden aber Mühe mit der Kaderrekrutierung. Es fehlt an Anreizen für ein Engagement als Kadermitglied.

Eine atomare Bedrohung der Schweiz wird nach wie vor als gering eingeschätzt, ist aber wahrscheinlicher als auch schon. Würde der Zivilschutz bei der Zuteilung eine Rolle spielen?
Grundsätzlich teilen die Gemeinden jeder Bürgerin und jedem Bürger einen Platz in einem Schutzraum zu. Denkbar ist, dass der Führungsstab in einem solchen Szenario die Betreuungspersonen des Zivilschutzes aufbietet. Neben anderen Aufgaben helfen Betreuerinnen und Betreuer auch bei Evakuationen Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. Älteren oder kranken Personen zum Beispiel.

Die Krisen häufen sich in den letzten Jahren. Als Zivilschützer helfen Sie an vorderster Front. Bereitet Ihnen das manchmal Sorgen?
Als Privatperson beschäftigt mich die Energiemangellage auch. Da habe ich manchmal schon ein ungutes Gefühl – wie es momentan viele haben. Meine Tätigkeit als Zivilschützer beeinflusst das aber nicht. Wenn ich ein Aufgebot erhalte, bin ich bereit.