Christlich 29.10.2023

Ich wollte das nicht! Wann haben Sie das zuletzt gesagt oder gedacht?

Er wollte das nicht. Er war nur genervt. Und dann hat er völlig überreagiert, das war ihm klar. Trotzdem hat er seinem Kollegen alles Mögliche an den Kopf geworfen. Dieser ist so verletzt und irritiert, dass er bis heute kein Wort mehr mit ihm geredet hat.

Von Renato Tolfo, Pfarrer
aktualisiert am 29.10.2023

Sie wollte das nicht! Sich derart gehen lassen. Immer nur Ausgang und Partys feiern. Das zu späte Ins-Bett-Gehen, immer grösserer Alkoholkonsum und darum Konzentrationsschwierigkeiten bei der Arbeit. Lustlosigkeit plagt sie. Sie wollte das nicht – und jetzt hat sie die Rechnung.

Er wollte das nicht! Die gemeinen Worte unwidersprochen stehen lassen. Mit denen über die Flüchtlinge hergezogen worden ist. Er weiss es genau, dass er hätte dagegen halten müssen. Aber es war ihm zu anstrengend und deshalb hat er geschwiegen. Im Römerbrief, Kapitel 7 steht geschrieben:

Denn nicht das Gute, das ich will, tue ich, sondern das Böse, das ich nicht will.

Wie oft sind wir hin- und herge­rissen zwischen richtigem Wollen und falschem Tun. «Ich bin nicht so, wie ich sein möchte. Ich tue vieles, was ich nicht will. Ich weiss, was richtig ist vor Gott, für mich, für meine Nächsten – ich weiss es und tue immer wieder das Gegenteil. Ich kann mich selbst nicht ausstehen dafür.»

Ich glaube, niemand von uns kann ohne Arroganz behaupten, dass sie oder er nicht schon einmal beim Streben nach Gutem trotz allerbester Vorsätze gescheitert ist. Etwas ändern, sich ändern, den Lebensstil, das eigene Verhalten, Gewohnheiten, den Umgang mit Mitmenschen, mit der Umwelt, das gelingt nicht auf Knopfdruck.

Das erreicht man nur, wenn man bereit ist, sich selbst und das eigene Handeln zu hinterfragen und Gedanken auch fertig denkt. Die Möglichkeiten von positiver Veränderung darf man nie aus dem Blick verlieren, wenn man etwas für sich, sein Umfeld, die Natur oder die Schöpfung machen will.

Gottes Liebe zeigt mir, dass ich als Mensch bestehen kann mit all meinen Schwächen, auch wenn es keine Entschuldigung ist für mein Fehlverhalten.

Wenn ich das erkenne und gar darauf vertraue, verändert sich mein Leben – ziemlich grundlegend.

Daraus kann ich die Kraft schöpfen, die nichts verloren gibt und zudem einen langen Atem, immer wieder von neuem kleine Schritte in eine andere Richtung zu machen. Die mich vom «Man müsste mal» zum «Jetzt mach ich mal» bewegt und mich ermutigt, Unrecht zu benennen. Auch mit kleinen Schritten kann ich viel verändern.

Gott möge uns Mut und Vertrauen geben, damit wir es wagen, nach seinem Willen zu fragen und dann auch danach zu handeln.