Christlich 04.02.2024

In der Welt geht es nicht gerecht zu, wie man mit Ungerechtigkeit umgehen kann

Die Welt ist nicht so, wie sie sein sollte. Ganz und gar nicht. Das ist eine Erfahrung, die viele Menschen machen, zu allen Zeiten vermutlich, ein Gefühl, das auch heute weit verbreitet ist.

Von Renato Tolfo,
Pfarrer
aktualisiert am 04.02.2024

Es ist ein Gefühl des Unbehagens. Es vermittelt, dass es nicht gerecht zugeht in der Welt.

  • Ist es etwa gerecht, dass Frauen im Schnitt 21 Prozent weniger verdienen als Männer
  • Ist es gerecht, dass Bildungschancen von sozialer Herkunft abhängen?

  • Ist es gerecht, dass soziale Berufe verhältnismässig schlecht bezahlt werden?

Wir alle bewegen uns in einem Spannungsfeld zwischen Gerechtigkeit und Fehlern, Weisheit und Dummheiten. Wegschauen ist keine Lösung! Denn manche, so könnte der Eindruck entstehen, machen die Augen zu vor der Realität, andere schauen nur dorthin, wo sie sich immer wieder bestätigt fühlen, und blenden alles andere aus.

Einen Mittelweg zwischen Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, auf dem man sich durchs Leben schlängeln kann, gibt es nicht.

Die Bibel erzählt von Menschen, die anstelle an der Welt zu verzweifeln oder sich aufgrund von Ungerechtigkeiten in der Welt von Gott abzuwenden, trotz oder gerade wegen ihrer Erfahrungen Gott vertraut haben. Sie regen an, über das Christsein nachzudenken.

Bin ich auf dem Weg, Gott in unserer oft unverständlichen Realität zu vertrauen?

Gleichgültig, was ist oder was kommt? Vertraue ich mich Gott an in aller Unsicherheit, um so der Gefahr der Verzweiflung und des Verrücktwerdens an der Welt zu entrinnen?

Das Gleichnis der Arbeiter im Weinberg (Matthäus 20, 1 – 16) unterstreicht meines Erachtens einen besonderen Aspekt, der mir wichtig ist.

Da hat es ja auch die gegeben, die eine gerechte Welt gefordert haben: Wer viel gearbeitet hat, soll auch viel Lohn bekommen. Und wer nur kurz gearbeitet hat, sollte entsprechend weniger bekommen.

So sehr wir alle dem zustimmen würden, dass Gerechtigkeit ein hohes Gut ist, das überall gelten sollte und wir unbedingt verfolgen sollten – so sehr zeigt dieses Gleichnis aber auch, dass Gerechtigkeit – so wie wir sie oft verstehen – keinen Raum für Gnade lässt.

Unser Gott ist ein gnädiger Gott und wir leben von seiner Gnade, nicht von unserer Gerechtigkeit.

Von ihm erfahren wir Wertschätzung und Anerkennung, die nicht auf Leistung beruht und die wir manchmal vielleicht gar nicht so verdient haben.

Das soll auch uns ermutigen, als Gottes Ebenbild zu handeln und auch den Mitmenschen als solchen zu behandeln. Wer Gott fürchtet, das heisst ihn achtet, ihm vertraut und auf ihn baut, der geht auch mit Ehrfurcht gegenüber seinen Menschen und seiner Schöpfung um.