23.09.2022

Aus christlicher Sicht: Vom Umgang mit Beschränkungen

Die letzten Monate haben uns Menschen ganz deutlich unsere Grenzen aufgezeigt. Und auch, wenn die drohenden Engpässe in den kommenden Monaten durchaus beängstigend sein können für unsere privilegierte Wohlstandsgesellschaft, tut es uns zwischendurch doch ganz gut, solche Erfahrungen zu machen.

Von Marcel Wildi, Pfarrer in Widnau
aktualisiert am 02.11.2022
Der Umgang mit Beschränkungen ist ein Thema, das uns unser ganzes Leben lang beschäftigt. Wir stossen dauernd an unsere Grenzen, sei es wegen Krankheiten, fehlender Finanzen, unserem Charakter oder mangelnder Begabungen. Mit Grenzen gewinnbringend umgehenIn der Bibel gibt es viele Geschichten, die von Menschen mit Begrenzungen erzählen und wie sie damit umgegangen sind – im Vertrauen auf ihren Gott, der unbegrenzt ist in seiner Liebe zu den Menschen und unbegrenzt in seinen Möglichkeiten. In diesen Geschichten und auch in meinem eigenen Leben habe ich gemerkt, dass es zwei ganz unterschiedliche Möglichkeiten gibt, gewinnbringend mit unseren Begrenzungen umzugehen. Die eine Möglichkeit formulierte der israelitische König David schon vor 3000 Jahren in einem Gebet: «Mit meinem Gott kann ich Mauern überspringen.» (Psalm 18, 30) Meine Grenzen sprengen, etwas ganz Neues wagen, braucht Ver­trauen. Eben gerade nicht in die eigenen Fähigkeiten, wie uns viele Selbsthilferatgebende weismachen wollen, sondern Vertrauen in die Macht Gottes. Vertrauen darauf, dass es jemanden gibt, der mehr Fähigkeiten und Kräfte hat als ich selber.Die andere Möglichkeit ist die, innerhalb der Begrenzung ein erfülltes Leben zu führen. Der durchaus erfolgreiche Apostel Paulus hat es erlebt, als er Gott um Heilung eines körper­lichen Leidens bat und stattdessen die Antwort bekam: «Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft kommt in deiner Schwachheit zum Ziel.» (2. Korinther 12, 9).Im Vertrauen auf die Barmherzigkeit und die tägliche Kraft Gottes ist es mir möglich, auch mit meiner Einschränkung ein gutes Leben zu führen, auch mit meiner Einschränkung zu tun, was mir aufgetragen ist, und zufrieden und dankbar zu sein. Jeder Mensch ist einzigartig, auch in seinen Beschränkungen. Gott kümmert sich um jeden von uns ganz individuell: Mal schenkt er uns etwas von seiner Macht, mal etwas von seiner Gnade, so, wie wir es gerade nötig haben. Die Frage ist: Vertraue ich darauf?