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Fussball vor 6 Stunden

Begegnung mit einem Weltmeister: Die schönen Seiten des Fussballs

Im Erstliga-Spiel zwischen Widnau und Mendrisio spielte mit Bruno Martignoni ein besonderer Akteur. Es kommt nicht oft vor, dass ein Weltmeister seine Visitenkarte im Rheintal abgibt.

Von Hansueli Steiger
aktualisiert vor 3 Stunden

Martignoni gehörte der Schweizer U17-Nati an, die 2009 sensationell Weltmeister wurde. 16 Jahre später steht der Tessiner nach dem Spiel vor dem Car, der den FCM nach Hause bringt. Nach und nach trudeln seine Teamkollegen ein und verstauen ihre Taschen im Bauch des Busses. Es ist ruhig, die 1:2-Niederlage gegen den Aufsteiger nagt an der Stimmung. Auch der mittlerweile 32-jährige Martignoni ist enttäuscht.

Martignoni weiter – Neymar ausgeschieden

Als der Autor des Widnau-Spielberichts sagt, er sei an jenem November-Sonntagabend mit seinem siebenjährigen Sohn vor dem Fernseher gesessen und habe Freudentränen geweint, lächelt der Verteidiger wieder. Der Autor zückt das Handy und zeigt ein Bild seines Arbeitszimmers: An einer Wand hängt ein Poster des Teams mit dem WM-Pokal. «Oh, das ist schon viele Jahre her», sagt Martignoni und lacht. Sofort erkennt er sich auf dem Bild und fragt erstaunt: «Dieses Poster hängt noch immer an deiner Wand?»

Martignoni erzählt vom Triumph, als wäre es gestern gewesen: «Wir hatten wirklich ein Superteam.» Im Kader standen unter anderem Granit Xhaka, Ricardo Rodriguez und Haris Seferovic. «Unser Ziel war der Achtelfinal. Die Gegner in der Vorrunde hiessen Mexiko, Japan und Brasilien», sagt Martignoni. Die Schweiz gewann alle Spiele; Brasilien mit Neymar, Alisson, Coutinho und Casemiro musste die Koffer packen.

«Im Rheintal habe ich noch nie gespielt»

«Für uns war es riesig, gegen Deutschland mit Marc-André ter Stegen und Mario Götze zu spielen. Wir gewannen 4:3 nach Verlängerung und danach den Viertelfinal gegen Italien 2:1.» Mit einem 4:0 gegen Kolumbien, zu dem der Tessiner ein Tor beisteuerte, stürmte die U21 von Trainer Dany Ryser in den Final. «Im anderen Halbfinal besiegte Nigeria Spanien. Diese Teams waren eigentlich besser als wir.» Doch die Schweiz nutzte die Gunst der Stunde und gewann den Final gegen den Gastgeber vor 60'000 Fans mit 1:0. Seferovic erzielte das Tor auf einen Corner von Oliver Buff. Man spürte, dass der Moment für ihn unvergessen bleibt.

Mit den Teamkollegen hat er keinen Kontakt mehr: «Man hat sich aus den Augen verloren.» Einen Widnauer kennt er aus gemeinsamer Zeit beim FC Aarau: Ilija Kovacic. «Im Rheintal habe ich noch nie gespielt, aber es ist wirklich schön hier. Diese Anlage ist super.» Dann verabschiedete sich der Verteidiger: «Nun heisst es vier Stunden Bus fahren.» Ein Shakehands und ein freundschaftliches «Ciao und alles Gute» mit einem Weltmeister, dem Allüren fremd sind: Das sind die schönen Seiten des Fussballs.

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