Landwirtschaft 01.01.2023

Damit es auch künftig Gemüse gibt: Bodenkarten fürs Rheintal erarbeitet

Fachleute haben in vierjähriger Arbeit die Böden der Rheinebene zwischen Oberriet und Widnau kartiert. Gestern wurde das Ergebnis präsentiert. Dank der Karten weiss man nun, welche Böden sich für Verbesserungen eignen.

Von Max Tinner
aktualisiert am 06.02.2023

Die Melioration der Rheinebene in den 1940er und 1950er Jahren machte die früher nassen Rieder zwischen Oberriet und Widnau zu fruchtbarem Ackerland. Je tiefer man solche torfigen Böden aber trockenlegt (im Fachjargon: drainiert), umso mehr organisches Material wird von Mikroorganismen abgebaut – der Boden sackt ab. Davon zeugen Schächte, die heute manchenorts einen Meter und mehr aus dem Boden ragen. Die sind vor 70 Jahren durch die Melioration keineswegs so hoch gebaut worden!

Wichtig zu wissen, wie der Boden aufgebaut ist

Mittlerweile liegt vielerorts nur noch wenig Erde über der Drainage, so dass der Boden erneut zu vernässen und seine Fruchtbarkeit zu verlieren droht.

Einige Bodenproben wurden maschinell entnommen - ein Vielfaches davon allerdings von Hand.
Einige Bodenproben wurden maschinell entnommen - ein Vielfaches davon allerdings von Hand.
Bild: HAFL

Dem möchte man mit Bodenverbesserungen entgegenwirken. Dabei wird neues Erdreich aufgeschüttet und in den bestehenden Oberboden eingearbeitet. In den letzten Jahren gab es ein paar Versuche dazu, etwa im Isenriet zwischen Marbach und Kriessern.

Die Sache ist allerdings knifflig: Der bestehende Boden und die zugeführte neue Erde müssen zusammenpassen, damit die Bodenfruchtbarkeit erhalten bleibt und nicht etwa noch verschlechtert wird. Voraussetzung ist also, dass man nicht nur die Zusammensetzung der zugeführten Erde kennt, sondern auch weiss, wie der Boden, auf den sie kommt, aufgebaut ist.

Dazu haben Fachleute der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL (die zur Berner Fachhochschule gehört) in den letzten vier Jahren die Ebene zwischen Oberriet und Widnau und zwischen den Dörfern am Hangfuss und dem Rhein in den letzten vier Jahren in einem gross angelegten Forschungsprojekt untersucht.

Auch Gruben zur Aufnahme detaillierter Bodenprofile wurden ausgehoben.
Auch Gruben zur Aufnahme detaillierter Bodenprofile wurden ausgehoben.
Bild: HAFL

Über 2000 Bodenbohrproben wurden entnommen, grösstenteils von Hand, manchenorts wurden für detailliertere Untersuchungen auch Gruben ausgehoben, um das Bodenprofil aufzunehmen.

Das erlangte Wissen floss in 34 Einzelkarten ein, beispielsweise zum Anteil von Ton, Sand oder organischem Material in verschiedenen Bodentiefen. Sie sollen nächstens verfügbar gemacht werden.

Bei dem Projekt ging es nicht nur um die Untersuchung der Böden. Es diente auch dazu, eine Methode zu erarbeiten, wie man möglichst effizient zu möglichst aussagekräftigen Bodenkarten kommt, wie Stéphane Burgos und Stefan Oechslin von der HAFL gestern in Rebstein bei der Präsentation des Schlussberichts erklärten. – Das Problem wiedervernässender Böden ist nicht nur ein Problem des Rheintals, sondern muss auch andernorts gelöst werden, etwa im Berner Seeland, das als «Gemüsekammer der Schweiz» gilt.

Ein neues Generationenprojekt

Regierungsrat Beat Tinner, der gestern bei der Präsentation dabei war, bezeichnet die im Rheintal nötigen Bodenverbesserungen als Generationenprojekt. 

Beispiele von Karten, die zu den Böden im Rheintal erarbeitet worden sind.
Beispiele von Karten, die zu den Böden im Rheintal erarbeitet worden sind.
Bild: HAFL

Bis mit diesem begonnen werden kann, wird es noch einige Jahre dauern. Noch dieses Jahr stehen aber entscheidende Vorbereitungen an, wie Yvan Kuster vom kantonalen Landwirtschaftsamt ankündigt. So braucht es einen Eintrag im Richtplan. Und auch ein Konzept wird erarbeitet, worin es nicht zuletzt darum geht, wie das Material auf die Felder kommt. Auch Förderbänder kommen dafür in Frage.

Was es ebenfalls noch zu klären gilt, ist die Finanzierung. Regierungsrat Tinner spricht von Dutzenden Millionen Franken, die das Meliorationsprojekt kosten werde.

 

Woher der Boden für den Boden kommt
Dass das Forschungsprojekt im Rheintal durchgeführt wurde, liegt daran, dass hier in absehbarer Zeit grosse Mengen potenziell für Bodenverbesserungen geeignetes Material zur Verfügung stehen werden, nämlich durch die Flussbettaufweitung im Zuge des Rhein-Hochwasserschutzprojekts Rhesi. Dank der Bodenkartierung weiss man nun: Längst nicht alle Flächen eignen sich für Bodenverbesserungen – von den untersuchten 3800 Hektaren etwa 1390 Hektaren. Aber selbst für diese wird das von Rhesi zu erwartende Material nicht reichen. Angedacht ist deshalb, auch anderswo Erde für Bodenverbesserungen zu bekommen – etwa Bauaushub.