26.11.2018

Das kleinere Dorf will selbständig bleiben

Mit einem Nein-Stimmen-Anteil von rund 58 Prozent haben politisch Marbach und die Primarschulgemeinde Marbach eine Fusion mit Rebstein abgelehnt. Das Nachbardorf wäre klar dafür gewesen.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererDie ablehnende Haltung der Marbacher bedeutet: Es bleibt, wie es ist. Das Nein kommt aus jener Gemeinde, aus der an der Bürgerversammlung 2014 der Anstoss zur Prüfung eines Zusammenschlusses gekommen war.Marbachs Primarschulrat hatte sich als einzige Behörde nicht für das Aufgehen der beiden politischen Gemeinden sowie der drei Schulgemeinden in einer einzigen neuen Gemeinde ausgesprochen. Dennoch sagt Marbachs Schulpräsident Ernst Dietsche, er empfinde keine grosse Freude oder Genugtuung. Er hätte bei einem Ja zur Fusion nicht geweint, bejuble das Abstimmungsergebnis aber auch nicht.Auch in der «Linde», wo rund 50 Marbacher Fusionsgegner das Nein feierten, äusserte Dietsche sich betont sachlich. Es sei wichtig, auch im Interesse jener zu arbeiten, die eine Fusion gewollt hätten. Das Ziel müsse weiterhin eine moderne Schule sein, die sich weiterentwickle.«Das Leben geht weiter»Bei den Parteien beider Dörfer, die sich für die Fusion stark gemacht hatten, sowie den Be­hördenvertretern aus Rebstein herrschte zwar Enttäuschung. Aber «das Leben geht weiter», wie Rebsteins Gemeindepräsident Andreas Eggenberger meinte. Nun gehe es darum, auf einer sachlichen Ebene die schon bisher gute Zusammenarbeit fortzuführen.Zum Resultat, das in «Aebis Welldone» in Marbach verkündet wurde, meint Eggenberger, die Abstimmung sei wohl zu früh gekommen. Das überwältigende Ja in Rebstein führt er auf die «hier herrschende Aufbruchstimmung» zurück; es seien grosse Projekte pendent, die Bautätigkeit sei beachtlich, der Drang von Betrieben, sich weiterzuentwickeln, ebenso.Sein Marbacher Amtskollege Alexander Breu sagt, er habe immer gedacht, dass bei dieser Abstimmung ein Ja wie ein Nein möglich sei. Letztlich dürften die Bedenken bei einer Aufgabe der Eigenständigkeit den Ausschlag gegeben haben, meint Breu. Die Wahrung der Eigenständigkeit und die Haltung «Wieso etwas ändern, wenn man doch zufrieden ist und es gut läuft?» habe er vor der Abstimmung als Hauptargumente der Gegner wahrgenommen.Der frühere Marbacher Lehrer Albert Ebneter, der zusammen mit dem Marbacher Ortsverwaltungspräsident Walter Kobelt den Widerstand angeführt hatte, bescheinigt den Fusionsbefürwortern zwar, dass «gewisse von ihnen vorgebrachte Argumente stimmen». Wie Eggenberger, der den Zeitpunkt der Fusionsabstimmung im Nachhinein als verfrüht bezeichnet, sagen auch Ebneter und Kobelt, es sei zu früh gewesen. Im Gegensatz zu den Behördenvertretern halten sie die Sache zudem für «nicht ausgereift».Marbacher Einheitsgemeinde diskutierenEinen neuen Anlauf zu einem deutlich späteren Zeitpunkt schliessen auch die Gegner nicht aus. Marbachs Gemeindepräsident versichert allerdings, von den Behörden werde ein zweiter Anlauf auch nach mehreren Jahren nicht kommen. Dafür sei das Marbacher Nein zu deutlich, sagt Alexander Breu.Die Fusionsgegner hatten mit der Verpflichtung des Wirtschaftswissenschaftlers Reiner Eichenberger als Podiumsteilnehmer, mit einem Flyer sowie mit Klebern geworben. Walter Kobelt verweist auf das «intakte Dorfleben» in Marbach, Albert Ebneter sagt, die Geister schieden sich an der Frage, welches die kritische Grösse einer Gemeinde sei. Was beide für sehr wichtig halten, ist eine Fusionsdiskussion innerhalb des eigenen Dorfes. Will heissen: Für nächstes Jahr gehöre die Bildung einer Einheitsgemeinde (also die Integration der Primarschule Marbach unter das Dach der Politischen Gemeinde Marbach) auf die Traktandenliste; dieses Thema sei dringlich zu erörtern.Mehr Gemeinden «sind gegenüber Kanton stärker»Dass der Fortbestand Marbachs als eigenständige Gemeinde wichtig sei, veranschaulichen Kobelt und Ebneter an zwei Beispielen. Weil Marbach deutlich weniger Einwohner habe als Rebstein, hätte Marbach laut Kobelt «die schlechteren Karten», sollte es ein bestimmtes Begehren haben; die Nachbargemeinde könnte dem Dorf bei einer Abstimmung einen Strich durch die Rechnung machen.Zu einem der grossen, bald aktuellen Themen, nämlich der Sanierung der Staatsstrasse zwischen Altstätten und Heerbrugg, meint Walter Kobelt: «Die wird noch viel zu reden geben. Je mehr Gemeinden beteiligt sind, desto eher muss der Kanton auf ihre Wünsche eingehen.»