Christlich 02.12.2023

Der Advent ist unter einer Schicht von Aktivitäten begraben

Schon mehrfach habe ich archäologischen Teams bei ihrer Ausgrabungsarbeit zugesehen. Es fasziniert mich, mit welcher Geduld und Sorgfalt sie zu Werke gehen – mit kleinen Besen und feinen Instrumenten, die man eher in den Händen eines Chirurgen vermuten würde, als in denen eines Archäologen.

Von Thomas Beerle
Projekt Puure Kirche / Art-Net
aktualisiert am 03.12.2023

Noch mehr staune ich, wie Paläste und ganze Siedlungen mit meterhohen Schichten von Er­de, Steinen, Schutt und Sand bedeckt werden können.

Die Adventszeit. Manchmal kommt sie mir vor wie eine alte Siedlung, zwar noch gut erhalten, aber leider unter einer meterhohen Schicht von allerlei ­Aktivitäten begraben. Natürlich, der Advent ist immer noch mit viel Schönem verbunden.

Kinder warten mit Vorfreude auf die Ankunft der Pakete des Göttis und der Oma. Die Zeit ist lichtvoll, auch wenn nur noch jeder zweite Kandelaber mit einem Leucht-Stern dekoriert ist. Und, man hat unterdessen auch gemerkt, dass das Materielle nicht alles ist.

Ruhe und Besinnung sind gefragt. Man möchte mehr bei sich selbst sein. Geschenke, Lichter, bei sich selbst sein ... – das ist gut.

Trotzdem beschleicht mich immer wieder einmal dieses Zuge­decktsein-Gefühl, wenn ich an den Advent denke.

«Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt», ruft der Prophet Jesaja seinen Zeitgenossen zu. Auch wir sind aufgefordert, uns aufzumachen, damit das Licht Gottes im menschlichen Dasein des Advents ankommen kann und zu unserem Licht wird – notabene in den Geschenken, in den glitzernden Sternen, in der Besinnlichkeit.

Damit das geschieht, muss man sich aufmachen, seine Vorkehrungen treffen. Mit dem Bild der Ausgrabung gesprochen: Man muss sehen, was einen zudeckt – und letztlich Geschenke, Sternenglanz und Stille leer macht.

Man muss Massnahmen ergreifen, um das, was zugedeckt ist, wieder ans Licht zu bringen.

Aktivismus lässt uns manchmal vergessen, wie gut wir es haben. Die Freude am Leben wird damit zugedeckt. Vor einiger Zeit habe ich jemanden in einer längeren Krankheit begleitet. Vieles konnte diese Person nicht mehr tun.

Sie war stark auf die Hilfe anderer angewiesen. Doch wann immer ich sie antraf: Sie schien zufrieden. Trotz widriger Umstände hatte sie Lebensqualität. Von den pflegenden Verwandten erfuhr ich, dass sie sich für alles und jeden bedankt.

Dank verändert den Fokus

Der tiefere Grund für ihre Zufriedenheit musste man nicht lange in ihren Umständen suchen, es war offensichtlich ihre Dankbarkeit. Dank verändert den Fokus. Der Blick wird frei auf das Gute, an dem man sich freuen kann.

Dank ist ein feines Instrument, um verschüttete Lebensqualität auszugraben. Warum nicht die Adventszeit als Dankeszeit gestalten? Warum nicht jeden Morgen fünf bis zehn Gründe zum Danken suchen, die mit dem Leben oder mit dem Geschehen der Adventszeit zusammenhängen?

Der Dank wird den – vielleicht verschütteten – Glanz der Adventszeit neu erstrahlen lassen.