Merzario machte sich nicht nur als Pilot einen Namen, sondern auch als Retter des damals amtierenden Formel-1-Weltmeisters Niki Lauda aus dem Feuerinferno auf dem Nürburgring am 1. August 1976. In Oerlikon traf der Italiener die Rheintaler Motorsport-Legende Armin Buschor aus Altstätten. Zwei Blicke, ein Wortwechsel in Englisch und ein lautes Lachen: Die beiden kennen sich. Merzario sagte: «Ja klar erinnere ich mich an dich. Du bist der aggressive Tourenwagen-Fahrer im damals schon betagten BMW 2002!» Buschor konterte: «Ich war auch mal jung.»
Es war das vierte Rennen der Tourenwagen-Europameisterschaft. Am 22. Mai 1977 fand es auf der Rundstrecke von Pergusa statt, in einem Vorort der sizilianischen Stadt Enna. Armin Buschor und Kurt Mirer führten das Feld der Division 3 an, vor dem Werks-Alfa Romeo von Dini Spartaco und Amerigo Bigliazzi. «Das ist aus heutiger Sicht fast unglaublich», sagte Merzario. Doch in einer langen Rechtskurve um den See leuchtete die Öllampe, Buschor stellte den Motor ab, rollte aus. Das Rennen gibt heute noch zu reden.
Merzario rettete Lauda aus dem brennenden Ferrari
Nun war Merzario auf dem 333,3 Meter langen Beton-Oval in Oerlikon zu Gast. Der Solothurner Sammler Kuno Schär stellte dem Berg-Europameister von 1969 seinen Abarth 2000 SP quattro Fanali für die Fahrten in Zürich zur Verfügung. Und Merzario wurde von den über 5000 Fans wie ein Volksheld gefeiert. Dies liegt auch am Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring am 1. August 1976. Das zehnte Rennen jener Saison gilt als eines der geschichtsträchtigsten der Formel-1-Geschichte.
In der zweiten Runde verlor Niki Lauda, wahrscheinlich durch einen Bruch der hinteren Aufhängung, die Kontrolle über seinen Ferrari. Der Rennwagen schleuderte gegen einen Erdwall und fing Feuer, Lauda verlor wegen des aufsteigenden Rauchs das Bewusstsein. Arturo Merzario hielt an, löste die Sicherheitsgurte in Laudas brennendem Ferrari und hob ihn zusammen mit Guy Edwards, Bret Lunger und Harald Ertl heraus. 41 Tage später sass Lauda beim Grossen Preis von Italien in Monza wieder im Ferrari und wurde Vierter. Er sagte später scherzhaft: «Arturo Merzario ist auch der Vater meiner Kinder.»
Ein Schreck für die Schweizer Piloten
Arturo Merzario und Armin Buschor kennen sich seit Langem – von einem Rennen in Italien. In Sizilien wird Motorsport gross geschrieben. Ein Rennen heisst Targa Florio und ist ein Rundstreckenrennen auf öffentlichen Strassen. Dann gibt es die Rennstrecke von Siracusa am Meer sowie die permanente Rennstrecke von Pergusa bei Enna, wo der Rheintaler Armin Buschor startete. Er erinnert sich:
Von Altstätten nach Enna sind es 1720 Kilometer, der damalige Europameister Dieter Quester aus Wien ist wegen der Entfernung nicht angereist.
Das vierte Rennen der Tourenwagen-Europameisterschaft 1977 begann mit einem grossen Schrecken für die Schweizer. Der Luzerner Walter Brun – neun Jahre später krönte er sich im Porsche 962C zum ersten Schweizer Automobil-Team-Weltmeister – verlor im Training die Kontrolle über seinen Wagen. Die hintere Aufhängung des neuen Eggenberger BMW 320 war gebrochen. Das Auto drehte sich in der langen Rechtskurve um den See mehrmals, überschlug sich und flog über die Leitplanke ins Wasser.
«Ich bin unschuldig, es war ein neues Auto. Ich flog durch das Schilf und war einfach verschwunden», sagte Brun. Weil es im See Schlangen gab, trauten sich die Streckenposten nicht hinein. Dann zog die Feuerwehr das Auto mit dem immer noch angeschnallten Brun raus. Hätte die Bergung zwei, drei Minuten länger gedauert, hätte Brun wohl nicht überlebt. Er hatte sich alle Rippen gebrochen und konnte nicht mehr reden. Er verlangte Bleistift und Papier und schrieb, er wollte nicht in Italien operiert werden. Die Rega holte Brun per Flugzeug in Catania ab und flog ihn nach Zürich.
Buschor und Mirer gewannen wenig später
Armin Buschor und Kurt Mirer wechselten nach dem Training den Alpina-Motors ihres BMW aus und ersetzten ihn durch einen schnelleren Heidegger-Motor. Das zahlte sich aus, denn der aggressiv fahrende Buschor führte das Rennen vor den Augen von Arturo Merzario lange an, ehe er wegen der leuchtenden Öllampe in einer Rechtskurve am See abbrechen musste. Doch der Erfolg war damit nur aufgeschoben: Zwei Wochen später gewannen Buschor/Mirer auf dem damaligen Strassenrundkurs im tschechischen Brno in der Division 3 und wurden Gesamtdritte.
Arturo Merzario sagte: «Es war eine schöne Zeit. Heute können wir froh und dankbar sein, dass wir diesen Abend in Zürich verbringen können. Die Sicherheit war damals im Motorsport nur ein Wort.» Und während eine Frau mit dem 82-jährigen Italiener ein Selfie machte, sagte Armin Buschor: «Arturo Merzario ist immer noch der gleiche Charmeur wie vor 50 Jahren.»
Der Altstätter Rennfahrer Armin Buschor traf in Zürich eine Formel-1-Legende