Walzenhausen 25.11.2022

Der Blackfacing-Fall des Jodlerklubs Walzenhausen hat ein juristisches Nachspiel

Bastrock, Kraushaar-Perücke, schwarz bemaltes Gesicht: Die Verkleidung eines Jodlers des Jodlerklubs Echo vom Kurzenberg aus Walzenhausen an einer Stobete löste Entrüstung aus. Und hat ein Nachspiel.

Von Mea McGhee
aktualisiert am 25.11.2022

Mit der Verkleidung des Jodlers wollte der Jodlerklub Echo vom Kurzenberg, Walzenhausen, anlässlich seiner Stobete anscheinend die Verbindung zwischen zwei Liedern und Kulturen darstellen.

Das Onlineportal «20 Minuten» strahlte ein Video des Auftritts aus. Dieser Blackfacing-Vorfall – für den sich Markus Nef, Präsident des Jodlerklubs, inzwischen entschuldigt hat – hallt nach.

Katarina Stigwall von der Beratungsstelle des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen der Schweiz (Heks) gegen Rassismus und Diskriminierung in St. Gallen sagt auf Nachfrage:

Das ist eine Unmöglichkeit. Solche Ausdrucksformen muss man aus dem Repertoire streichen.

Die Darstellung baue auf kolonialen Stereotypen, die längst überwunden sein müssten. Stigwall hält fest: «Dass jemand im Jahr 2022 auf diese Idee kommt, ist befremdend.»

Staatsanwaltschaft zum Handeln verpflichtet

Juristisch hat der Vorfall ein Nachspiel. Da es sich um ein mögliches Offizialdelikt handelt, hat die Ausserrhoder Staatsanwaltschaft von Amtes wegen ein Verfahren gegen unbekannt wegen Rassendiskriminierung nach Artikel 261bis des Strafgesetzbuches eingeleitet.

Auf Anfrage kann Staatsanwalt Khalil Beydoun keine Auskunft über das weitere Vorgehen geben, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Nachdem die Staatsanwaltschaft Kenntnis genommen habe vom ausgestrahlten Video, sei sie zum Handeln verpflichtet, erklärt Beydoun.

In Artikel 261bis StGB geht es um Diskriminierung und Aufruf zu Hass. Unter anderem besagt der Artikel: «Wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Freispruch im Fall eines Imbissverkäufers

Einen ähnlichen Fall musste das St. Galler Kantonsgericht in jüngster Vergangenheit beurteilen: Ein Imbissverkäufer hatte im Sommer 2020, im Kontext der «Black Lives Matter»-Demonstrationen, in Rorschach einen Stand aufgestellt. Das Gesicht schwarz angemalt, eine schwarze Kraushaar-Perücke auf dem Kopf und in ein goldfarbenes Kleid gehüllt, verkaufte er «Mohrenköpfe».

In erster Instanz war der Imbissverkäufer vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen worden, wogegen die Staatsanwaltschaft rekurrierte. Das St. Galler Kantonsgericht urteilte schliesslich im Frühling dieses Jahres, die Aktion sei «unsensibel und gedankenlos, aber nicht rassendiskriminierend im Sinne des Gesetzes». Zu allfälligen Parallelen der beiden Fälle äussert sich die Ausserrhoder Staatsanwaltschaft nicht, da sie keine Akteneinsicht habe, wie Beydoun festhält.

Beratung im Auftrag von Appenzell Ausserrhoden

Ausserrhoden thematisiert den Diskriminierungsschutz im Rahmen des Kantonalen Integrationsprogramms. Die Heks-Beratungsstelle gegen Rassismus und Diskriminierung in St. Gallen berät im Auftrag der Kantone St. Gallen, Ausserrhoden, Innerrhoden und Thurgau Personen und Institutionen, die Fragen zum Thema Diskri­minierungsschutz haben, von rassistischer Diskriminierung betroffen sind oder der rassistischen Diskriminierung beschuldigt werden. Das Beratungsangebot steht für Personen, die in Ausserrhoden wohnen, kostenlos zur Verfügung.

Katarina Stigwall von der Beratungsstelle sagt:

Rassismus zu erleben, sei es als Opfer oder als Zeuge, kann eine schwierige Erfahrung sein, und es ist schwierig zu wissen, was zu tun oder zu sagen ist.

Die Fachfrau rät, nicht zu schweigen. «Widersprechen Sie, wenn jemand einen rassistischen Witz macht, protestieren Sie, wenn Sie ein rassistisches Meme in den sozialen Medien sehen, sprechen Sie diskriminierende Massnahmen oder Strukturen am Arbeitsplatz an.» Die Beratungsstelle informiert unter anderem über die Rechte von Betroffenen.

Gefragt nach den Fasnachtsverkleidungen, sagt Stigwall:

In vielen Fällen passieren rassistische Diskriminierungen unbeabsichtigt und ohne rassistisches Motiv.

Dies liege daran, dass wir bestimmte Vorstellungen, Haltungen, Praktiken und Traditionen unhinterfragt von Generation zu Generation übertragen. «Wir werden somit rassistisch sozialisiert.»

Mit einer entsprechenden Verkleidung würden Stereotypen über Menschen, die einer bestimmten Gruppe angehören, zum Ausdruck gebracht. Dadurch würden wir Menschen auf Äusserlichkeiten reduzieren und ihnen ihre Individualität absprechen.

Das «zur Schau stellen» ziehe die Menschen ins Lächerliche und werde ihren Persönlichkeiten nicht gerecht. «Wir sollten damit aufhören, die Unterschiede zwischen den Menschen negativ zu betonen. Stattdessen sollten wir uns endlich auf gemeinsame Werte wie Respekt, Toleranz und Vielfalt zu Gunsten eines friedvollen Miteinanders konzentrieren.»