Peter Eggenberger wurde 1939 in Walzenhausen geboren. In der Radiosendung Menschen und Horizonte aus dem Jahr 2011 bezeichnete er seine Jugend in Walzenhausen als nicht eben glücklich. Seine Eltern gehörten den Zeugen Jehovas an. Der Alltag des Sohnes war geprägt von religiösen Zwängen und von der sozialen Kontrolle in der Enge des Dorfes.
Ausbruch aus der Enge
An der Schwelle zum Erwachsenwerden realisierte Peter Eggenberger, wie fremdbestimmt sein Leben bislang verlaufen war. Und er wollte nur noch eines: Weg von zu Hause, weg von Walzenhausen. So entschied er sich für eine Lehre als Drogist. Denn diese konnte er nicht in der Nähe machen, sondern musste dazu erst nach St. Gallen, später gar nach Sissach im Baselbiet. Von Sissach aus war es ein Katzensprung ins Elsass und bei den Besuchen ennet der Grenze sog der junge Mann das französische Laisser-faire auf wie ein Schwamm.
Abenteuer Fremdenlegion
Nach Abschluss der Lehre und eben gerade 20 Jahre alt geworden, wollte Peter Eggenberger wieder nur eines: weg. Diesmal aber richtig weit weg. Die Enge des Appenzellerlands trieb ihn in die Fremdenlegion. Per Autostopp reiste er 1959 nach Marseille, wo er für fünf Jahre unterschrieb.
Nach den fünf Jahren war für ihn klar: Ich fahre nach Hause. Und er schaffte, was manch einem seiner Kameraden nicht gelang – die Rückkehr in ein bürgerliches Leben. Er wurde Lehrer und Logopäde, gründete eine Familie und wurde Vater eines Sohnes. Mit Freude arbeitete er mit sprachbehinderten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen an der Sprachheilschule St. Gallen. Gemeinsam mit seiner im Jahre 2006 verstorbenen Ehefrau engagierte er sich viele Jahre im Sport für behinderte Menschen.
Vom Journalisten zum Chronisten
Zweierlei faszinierte Peter Eggenberger: die Sprache und die Menschen. Mitte der 1960er-Jahre begann er für verschiedene Zeitungen zu arbeiten, und ab 1982 wurde der Journalismus zur freiberuflich ausgeübten Haupttätigkeit. Die Zahl der von Peter Eggenberger erschienenen Beiträge dürfte in die Tausende gehen, und die Liste der bedienten Zeitungen und Zeitschriften ist lang. Über die Jahre ist Peter Eggenberger so zum Chronisten der Ostschweiz geworden. Dies insbesondere auch als Fotograf. Sein Fotoarchiv hat zeitgeschichtliche Bedeutung.
Die Zeit in der Fremdenlegion hat das Auge Peter Eggenbergers für die Eigenheiten seiner Heimat geschärft. Zwischen 1986 und 1988 verfasste er zusammen mit den Brüdern Walter und Ernst Züst die Chronik der Gemeinde Walzenhausen. Bei dieser Arbeit setzte er sich mit der neueren Vergangenheit auseinander, der Zeit ab 1875 bis zur Gegenwart. Dabei kam er mit vielen Zeitzeugen ins Gespräch, die ihm unzählige Geschichten erzählten.
Spezialist für den Kurzenberger Dialekt
Peter Eggenberger konnte diese nicht alle für die Chronik verwenden. Er begann, das ihm Zugetragene in Mundart aufzuschreiben, und so entstand 1989 mit dem «Gwönderbüechli» der erste Band mit humorvollen Geschichten im Kurzenberger Dialekt. Seither sind weitere elf Büechli – wie Peter Eggenberger seine Werke liebevoll zu bezeichnen pflegte – erschienen. Zusammen erreichen sie eine Auflage von weit über 60'000 Exemplaren.
Peter Eggenberger war bis kurz vor seinem Tod viel unterwegs, reiste in der ganzen Ostschweiz umher und sorgte bei Vereinen, Firmen, Hotels und Seniorenanlässen für heitere Stimmung. Dabei war ihm seine Lebenspartnerin stets eine hilfreiche Begleiterin. Er war nicht nur Chronist einer Region, sondern ebenso deren Botschafter.
Nach einer über 20 Jahre dauernden totalen Legionsabstinenz näherte sich Peter Eggenberger mit Frankreichbesuchen und entsprechender Lektüre erneut dem Thema Fremdenlegion. Er begann Vorträge zu halten. Von Reaktionen aus dem Publikum ermuntert, packte er seine Erlebnisse als Fremdenlegionär, sein historisches Wissen sowie seine Freude am Geschichtenerzählen in einen Kriminalroman: Das Buch «Mord in der Fremdenlegion» erschien seit dem Jahr 2000 in mehreren Auflagen.
Als Krimiautor auf den Geschmack gekommen, verarbeitete Peter Eggenberger seine Recherchen zur freien Heiltätigkeit im Appenzellerland ein paar Jahre später zum Krimi «Tod eines Wunderheilers».
Mitgründer des Witzwegs
Peter Eggenberger bezeichnete sich selbst als Frohnatur. Als solche rief er 1993 zusammen mit Peter Baer, dem damaligen Wirt der Krone Wolfhalden, den Witzweg zwischen Heiden und Walzenhausen ins Leben. Dieser erfreut seither Tausende von Wandersleuten. Mit dem Klischee des besonders witzigen Appenzellers setzte sich Peter Eggenberger im Standardwerk «Der Appenzeller Witz» auf ebenso fachkundige wie vergnügliche Art auseinander.
Die Intensität, die Hartnäckigkeit und die Ausdauer, mit der Peter Eggenberger am Werk war, ist beeindruckend. Für seine Verdienste wurde er 2019 von der Gemeinde Wolfhalden mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts geehrt. Nun ist der Chronist des Ostschweizer Alltags verstummt.
Der Chronist des Ostschweizer Alltags ist verstummt – Peter Eggenberger ist gestorben