Dass jemand nach dem Arbeitsleben nicht in den Ruhe-, sondern in den Unruhestand geht, ist ein geflügeltes Wort. Auf Josef Hammerer trifft es zu. Der Mastermind des Renn und Rallyeclubs Vorarlberg organisiert seit Jahrzehnten erfolgreich Autorennen. Dazu gehören die Slaloms auf dem Driving Camp in Röthis oder die Bergslaloms Arlberg, Eichenberg und Damüls. Auch an der PS-Gala, die jeden November in Klaus stattfindet, ist er beteiligt.
Darum wird Hammerer, der seit Jahren in Diepoldsau lebt, als Vorarlberger Bernie Ecclestone bezeichnet. Er organisiert nicht nur Rennen, er ist mit dem Team von Sports Timing auch für die Zeitnahme bei Rennen in Vorarlberg und der Schweiz zuständig. Los ging das schon früh, denn er zählte in jungen Jahren selber zu den schnellsten, talentiertesten Rennfahrern im Dreiländereck. Im Ford Escort sammelte er im Akkord Tages- und Klassensiege bei den Tourenwagen.
Ein Fahrlehrer weckt die Leidenschaft
Aufgewachsen ist er in Dornbirn. Um Englisch zu lernen, arbeitete Josef Hammerer nach der Lehre als Maschinenbauer für ein Jahr für die Schaffhauser Firma Georg Fischer in England. Er trat aus dem gleichen Grund einem Judo-Club bei, Motorsport war damals noch nicht das Wichtigste. Per Zufall lernte er in England einige Leute des Teams Ford Motorsport kennen. Nach einem Jahr war das England-Abenteuer zu Ende, der junge Hammerer zog mit seiner Frau Bertraud nach Berneck.

Eines Abends klopfte der Auer Fahrlehrer Heinz Zoller an die Tür und sagte: «Pepe, mit diesem Auto musst du fahren.» Er meinte einen in kleiner Stückzahl gebauten Ford Cortina Lotus. Das Modell hatte mit dem zweifachen Formel-1-Weltmeister Jim Clark (1963 und 1965) die Tourenwagen-EM dominiert.
Ein Rennwagen in einem Eiskanal
Und der Wagen hat eine besondere Geschichte: Sein Name ist darauf zurückzuführen, dass er auf der Bobbahn von Cortina d'Ampezzo präsentiert wurde. Sir John Whitmore, Tourenwagen-Berg-EM-Dominator, und der ehemalige Formel-1-Pilot Henry Taylor fuhren ihn in atemberaubender Geschwindigkeit quer rutschend den Eiskanal hinunter. Später wurde aus Sicherheitsgründen nie mehr ein Auto auf einer Bobbahn vorgestellt.
Zurück ins Rheintal. Zoller und Hammerer fuhren mit dem Wagen die Nacht herum, schneller als die Polizei erlaubt. Dies weckte in Hammerer die Begierde, auch ein solches Auto zu besitzen. Er rief bei Ford in England an, doch alle Exemplare waren verkauft – das letzte nach Amerika. Wenig später wurde genau dieser Verkauf storniert, und Hammerer konnte das Bijou in England abholen. Als er in Lustenau Benzin tankte, sagte Tankwart Peter Varga:
Mit diesem Auto kann man Rallye fahren.» Hammerer antwortete: «Was ist Rallye?
Und meldete sich dann zur Semperit Rallye an, die von Bregenz nach Wien führte. In Tirol war das Abenteuer wegen eines defekten Alternators bereits zu Ende, doch Hammerer wollte mehr. Er nahm im Mai 1967 am internationalen Bödele-Bergrennen teil und fuhr in der Kategorie Tourenwagen bis 1600 auf Platz drei. Mit Beifahrer Helmut Hauser holte er 1969 bei der Semperit Rallye den Klassensieg bei den Serienfahrzeugen und Rang sieben in der Gesamtwertung. Sein Ford Cortina Lotus war nun ein Siegerwagen. Hammerer fuhr an der Sonderprüfung am Silvretta über alle Klassen hinweg die schnellste Zeit des Tages.
Tauschhandel mit bekanntem Tuner
In den 70er-, 80er- und 90er-Jahren gab es im Bregenzerwald jeweils beliebte Eisslaloms. Dabei standen auch Legenden am Start. So etwa der schnelle Walter Röhrl, der spätere Mercedes-Formel-1-Rennleiter Norbert Haug oder Porsche-Carrera-Cup-Sieger Roland Asch. Letzterer, deutscher Bergmeister von 1981, sprach mit Josef Hammerer Klartext, sagte:
Junge, du fährst gut, aber der Motor deines Ford Escorts ist lahm. Rufe mich nächste Woche an, dann gebe ich dir die Telefonnummer von einem guten Tuner.
Der junge Vater von zwei Kindern dachte, er könne sich keinen Tuner leisten, rief aber doch an. Und der berühmte Karl Armbrust aus Stuttgart gab ihm im Tausch gegen einen alten Motorblock einen schnellen Motor. Hammerer fuhr danach Sieg um Sieg ein. Er gewann die Slaloms in Altenrhein und Bürglen oder die Bergrennen St.Peterzell-Hemberg, Walzenhausen-Lachen und Weerberg. Auch am Eisslalom in Au (Bregenzerwald) siegte er. Darauf erschien er sogar auf dem Titelblatt der wöchentlichen Zeitschrift «Motorsport aktuell», die in der Szene den Status einer Bibel hat.
Der Rennfahrer ist auch eine Art Diplomat
Im Ford Escort entwickelte sich Hammerer zum Idol. Dies auch, weil die Eisrennen sehr populär waren. Auch die AMAG Audi Schweiz wurde darauf aufmerksam. Sie stellte dem Fahrer ein absolutes «Rallye-Monster» zur Verfügung: den Flügel-Audi Quattro von Rallye-Vizeweltmeisterin Michèle Mouton. Das Gefährt hatte über 500 PS und Hammerer war fortan auch im österreichischen Fernsehen zu sehen. Auch im Sportpanorama wurde über ihn berichtet.
Die sagenhafte Ära dauerte bis ans Ende der 80er-Jahre. Und danach entwickelte sich Hammerer zu Vorarlbergs Bernie Ecclestone. Mit dem RRCV, dem grössten Autosport-Club Vorarlbergs, konzentrierte er sich auf die Organisation von Slaloms und Bergslaloms. Dass es diese Spielwiesen für Amateure überhaupt noch gibt, ist dem «PS-Capo» zu verdanken. Er weiss, die Behörden zu überzeugen – weil er nicht nur schnell ist, sondern sich auch sehr gut diplomatisch ausdrücken kann. Zur Freude der Szene im Dreiländereck.
Der Vorarlberger Bernie Ecclestone wurde am Mittwoch 80-jährig