05.08.2020

Ein «Büntali Gorsch» erinnert sich

Roland Frei folgt in seinem 50-seitigen Büchlein «Die Büntali Gorscha» den Spuren seiner Jugendzeit.

Von Susi Miara
aktualisiert am 03.11.2022
Man spricht in fröhlicher Runde gern über frühere Zeiten. Erzählt Roland Frei von seinen Bubenstreichen, staunen die Zuhörer meist. Und fordern ihn auf, die Geschichten aufzuschreiben, damit sie nicht vergessen werden. Das hat er sich zu Herzen genommen: Er brachte die Erinnerungen in einem 50-seitigen Geschichtsbuch zu Papier.Es ist Roland Freis drittes Buch. Zum 50-Jahr-Jubiläum der Firma Plaston widmete er das Werk «Spuren» seinem Vater – und das Buch «Den Spuren auf der Spur» seinen Mitarbeitern. «Ich wollte daran erinnern, wie wichtig eine gesunde Unternehmenskultur für das Gedeihen eines Unternehmens ist», sagt Frei.Sehr persönlich ist sein neusten Werk «Die Büntali Gorscha – Spuren aus unserer Jugendzeit», das er selbst finanzierte und in einer Auflage von 200 Exemplaren drucken liess.Die Jugendzeit in den 30er- und 40er-Jahren«Die Jugendzeit in den 30er- und 40er-Jahren war für uns Kinder einfach toll. Sie war von Einfachheit, Genügsamkeit und Bescheidenheit geprägt», schreibt Roland Frei in seinem Vorwort, «wir erlebten trotz der Kriegswirren glückliche Jahre.» Es fehlte an nichts, alles sei einfacher gewesen als heute.Er und seine Geschwister durften einmal wöchentlich in der Wanne der Waschküche baden. Das Wasser im Zuber war mit Holz und Schollen aufzuheizen. Das Plumpsklo sei speziell im Winter so kalt gewesen, dass einem fast der Po einfror. Und das Essen bestand zumeist aus Ribel, Kartoffeln, Gemüse und Früchten – alles aus dem eigenen Garten.Über den Zweck des Buchs sagt Roland Frei: «Wenn ich mit meinen Erinnerungen zeigen kann, wie ein Leben in Bescheidenheit eigentlich nur positive Erinnerungen zurücklässt, haben sich meine Ambitionen mit diesem Büchlein erfüllt.»Die grössten Spitzbuben des Dorfes WidnauRoland Frei hebt vor allem die eingeschworene Gemeinschaft der «Büntali Gorscha» hervor. Bünteli heisst der östlichste Teil der Gemeinde Widnau am Sickerli, dem Entwässerungskanal. Und «Gorscha», ist ein raues, aber auch liebevolles Wort für Kinder.«Die übrigen Gemeindegebiete haben uns wegen des einmaligen Zusammenhalts beneidet», sagt Frei. Die Sickerli-Gorscha wollten zum Funkensonntag dorfweit den grössten Funken haben, am Palmsonntag die schönsten Palmen zeigen. Das «Miteinander» beim Spielen sei schlichtweg genial gewesen. Frei ist überzeugt, dass im Bünteli auch die grössten Spitzbuben des Dorfes lebten.Sackgeld, Forellen, Bohnen und KräuterIm Kapitel «Zuhaus an der Viscosestrasse», beschreibt Frei sein Elternhaus, die Selbstversorgung, das Bereitstellen von Torf, dem Heizmaterial von damals. Dieser kam aus dem Lustenauer Riet, wo sein Vater von der Ortsgemeinde einen Torfplatz gepachtet hatte.Die Väter der meisten «Büntali Gorscha» arbeiteten in der Viscose. Freis Vater verdiente zu dieser Zeit als Produktionsleiter und Geschäftsleitungsmitglied gegen 500 Franken. «Wir mussten jede Gelegenheit nutzen, um an ein paar Franken zu kommen. Der Handel mit Forellen war damals praktisch die einzige Möglichkeit, sich etwas an der Kilbi leisten zu können. Wenig Freude hatten in jener Zeit die Fischer. Mit viel Geschick fischten wir nämlich an jedem freien Schulnachmittag schöne Forellen aus dem Sickerli», sagt Frei. Spektakulärer seien die Absatzkanäle gewesen. Doktor Hofstetter und Pfarrer Amman waren dankbare Abnehmer – und ans Berufsgeheimnis gebunden. «Pro Forelle verdienten wir einen Fünfliber, für diese Zeit kein schlechtes Sackgeld», so Frei. Das «Spitzle» von Bohnen und das Sammeln von Kräutern für die Firma Dixa in St. Gallen brachte zusätzliche Einnahmen.Verrückte Bubenstreiche mit SchwarzpulverEin ganzes Kapitel handelt von den Bubenstreichen. Vor allem die ersten Versuche mit dem gefundenen Schwarzpulver seien nicht ungefährlich gewesen.Auch Pfarrer Gebhard Amman widmet Frei ein ganzes Kapitel. «Es war viele Jahre Tradition, dass Schüler am Semesterende ihr Schulzeugnis dem Pfarrer zeigten. Er beschenkte sie jedes Mal mit 20 Rappen. So konnte er mit geübtem Auge prüfen, welchen Knaben er später das Studium zum Priesterberuf und welchem Mädchen er den Eintritt ins Kloster empfehlen konnte. Viele Erlebnisse erzählt Frei auch aus der Zeit der Kriegsjahre, wie etwa die Evakuierung der Familie nach Einsiedeln, da man annahm, dass Hitler am 9. und 10. Mai 1940 in die in Schweiz einmarschieren würde. Einfach und sehr lebendig beschreibt Roland Frei diese Zeit. Doch mehr als über das Buch selber freut Frei sich über die Reaktionen darauf. «Viele haben mir von ihren Erinnerungen erzählt», sagt er. «Da hätte ich genug Material, um ein weiteres Buch zu schreiben.»Jeder der 24 Bünteli-Familien (siehe Kasten) schenkte Frei ein Buch. Weitere Exemplare können bei ihm bestellt werden, wobei der Erlös vollumfänglich an den Verein Rhyboot geht. «Da ich nur noch 20 Exemplare habe, werde auf die zweite Auflage wohl nicht verzichten können», sagt Frei.Das Buch «Die Büntali Gorscha» kann direkt bei Roland Frei unter Telefon 071 777 26 07 oder Mail: ry.frei@bluewin.ch bestellt werden.

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