01.12.2019

Ein Schritt näher am Weltcup

Der Rheintaler Anschieber Marco Tanner startete mit dem Bob-Team Kuonen in Lillehammer erfolgreich in die Europacup-Saison.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Yves SolenthalerDer 25-jährige Marco Tanner ist seit dieser Saison Anschieber im Team des Wallisers Michael Kuonen. Nach einer für den Lüchinger nahezu optimal verlaufenen Vorbereitung, folgte vor einer Woche in Lillehammer der Start in die Europacupsaison.Im Eiskanal, in dem 1994 der Diepoldsauer Gustav Weder Olympiasieger wurde, resultierte für Kuonen/Tanner der sechste Platz im Zweier- und für Kuonen/Tanner/Dörig/Pizzera gar der dritte Rang im Viererbob. «Ich bin sehr glücklich mit diesem Auftakt – gerade mit dem Resultat im grossen Schlitten, wo ich bisher noch nie auf dem Podest stand», sagt Tanner, «und vor allem war es für Pilot Michael Kuonen das erst zweite Vierer-Rennen seiner Karriere.»Podestplatz im Viererbob mit Anfänger an den SeilenDabei standen die Vorzeichen ungünstig, der Start im Viererbob war gar gefährdet: Während Marco Tanner vor Kraft strotzt, fiel die Hälfte des immerhin sechs Athleten umfassenden Bobteams aus. Sandro Ferrari musste sich notfallmässig einer Magenoperation unterziehen, er fällt die ganze Saison aus. Und Patrick Kuonen sowie Luca Rolli fehlten wegen eines Schlüsselbeinbruchs bzw. Krankheit. So blieb im Viererbob nur eine Dreier-Besatzung übrig.Zwar haben auch andere Teams Ersatzleute, aber einen solchen konnte das Team Kuonen nicht loseisen. «Der Konkurrenzkampf unter den Teams ist gross und die anderen sehen ja auch, dass wir stark sind», sagt Tanner, «deshalb klappt die Zusammenarbeit nicht so gut, wie es zu wünschen wäre.»Umso besser, wenn man sich selbst helfen kann: Cyril Pizzera, ein guter Kollege von Michael Kuonen, hatte den Mut, im Fonds des Schlittens den Eiskanal runter zu donnern. Nach einem Crash-Kurs war Pizzera mit Tanner und Marco Dörig im Europacup Anschieber von Michael Kuonen. Der Ersatzmann machte seine Sache so gut, dass es gar für den dritten Rang reichte. Natürlich konnte das Team Kuonen bei den Startzeiten nicht mit den Allerschnellsten mithalten. In der Bahn zeigte aber Michael Kuonen, der erst seit letzter Saison Pilot ist, schon ein beträchtliches Können. Nur ein russisches und ein französisches Team waren in der Endabrechnung besser als Kuonen & Co.Marco Tanner dokumentierte seine gute Frühform im Zweierbob. Dort erreichte er mit Pilot Kuonen die schnellsten Startzeiten aller Top-6-Teams. Nach dem ersten Lauf lagen Kuonen/Tanner auf dem zweiten Rang. Die Zeitabstände waren aber knapp, sodass ein Fahrfehler in der dritten Kurve dazu führte, dass Kuonen/Tanner auf den sechsten Rang zurückfielen. «Dieses Resultat ist nicht optimal», sagt Tanner, «aber wir können auch damit zufrieden sein.» Die Teammitglieder wissen, dass der noch unerfahrene Pilot Kuonen aus solchen Fehlern lernen kann.Die Bobfahrer reisten per Auto nach Norwegen, ihr schweres Gerät kann kaum in Flugzeuge verladen werden. Nach Lillehammer flog Tanner in die Schweiz zurück, während die Teamkollegen mit der Bagage nach Altenberg (Deutschland) fuhren. Inzwischen ist auch Marco Tanner dort. In dieser Woche (Donnerstag und Freitag) finden im Erzgebirge zwei Zweier- und ein Viererbobrennen statt. Bis Weihnachten ist das Programm im Europacup reich befrachtet: Winterberg und Königsee sind die nächsten Stationen im Europacup.Im Dezember geht’s um den Weltcup-StartplatzAn den drei Wettkampfstätten in Deutschland möchte das Team Kuonen das Weltcup-Ticket für die Rennen im Frühjahr sichern: «Wenn wir so weiter fahren, haben wir gute Chancen, 2020 im Weltcup zu starten», sagt Tanner. Der mögliche Höhepunkt ist das Heimrennen vom 1. / 2. Februar in St. Moritz. Die Weltcup-Teilnahme wäre wichtig, um sich fürs Olympia-Selektionsprozedere für Peking 2022 zu positionieren.Das Team Kuonen ist auf einem guten Weg, es konnte vor der Saison in schweiz-internen Vergleichen überzeugen. Bereits im Sommer gewann das Team (jeweils mit Marco Tanner) beide Schweizer Anschieber-Meistertitel. Und bei den letzten Leistungstests vor der Saison schnitt kein anderer Schweizer Anschieber so gut ab wie Tanner – nur Pilot Michael Kuonen erreichte noch höhere Werte.