Der Rückblick auf diese Saison zeigt ein katastrophales Bild. Widnaus Frauen haben in den ersten drei Runden einen Sieg und ein Unentschieden erreicht, aber ab dem vierten Spiel, also seit Mitte September, folgte Niederlage auf Niederlage. 14 in Serie sind es mittlerweile.
Ein Team im Verlierermodus. Also erwartet der Besucher des Spiels gegen Luzern II ein verunsichertes Team und im Gespräch mit Verantwortlichen und Spielerinnen Ausreden und Vorwürfe. Er denkt, es habe wohl niemand Lust, über das Fussball-Elend zu sprechen. Es kommt aber ganz anders.
Keine Verzweiflung
Das beginnt schon mit dem Wetter. Es ist Regen angesagt, aber während der ganzen Partie scheint die Sonne. Erst nach Spielschluss prasselt das Gewitter nieder. In den Gesprächen mit Trainer Patrick Haltiner und Captain Alida Haltiner spürt man nichts von Verzweiflung, im Gegenteil, beide sind aufmerksam, freundlich, und nicht selten huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. Fussball-Elend? Nein, in beiden lebt immer noch Fussball-Freude.
Im ersten Teil der ersten Halbzeit entwickelt sich ein ausgeglichenes Spiel. Niemand würde vermuten, dass ein Spitzenteam gegen den Absteiger spielt. Aber allmählich setzt sich die individuelle Qualität der Gästespielerinnen durch und sie führen bei Halbzeit 2:0. Die zweite Halbzeit verläuft ähnlich.
Es war ein toller Start», sagt der Trainer, «aber dann hat die Kraft gefehlt.
Assistent Harun Baskan ergänzt: «Nach vorne fehlte die Präzision.»
Zweikampfstark
Alida Haltiner, Rechtsfüsserin, 23-jährig, gehört zu den kleineren Spielerinnen, spielt im Mittelfeld, tritt Eckbälle und Freistösse, und sie versucht, den Stürmerinnen gute Zuspiele zu geben. In Zweikämpfen setzt die kräftige Person ihren Körper gut ein und erobert den einen und anderen Ball. In diesem Match nimmt der Trainer sie nach 65 Minuten vom Feld.
Ein vorbildlicher Trainer
Alidas Vater Remo war Juniorentrainer in Widnau. Die Kleine begleitet ihn gern auf den Fussballplatz. Sie legt die Flöte beiseite und widmet sich dem Ball. Als Jugendliche kommt sie in die erste Mannschaft und findet dort den perfekten Trainer.
Pascal Roths Training war super. Er ging an die Grenzen, er baute uns auf und seine menschliche Art war vorbildlich.
Ob sie ihrem Lieblingstrainer nicht zum FCSG folgen möchte? Aus dem Schmunzeln wird ein Lachen: «Höher als in die 1. Liga geht für mich nicht.»

An diesem Sonntag sind noch mehr Haltiners auf der Aegeten. Auf dem Nebenplatz spielt die zweite Frauenmannschaft gegen Romanshorn und verliert 1:2. Alidas Vater Remo ist dort Trainer, Schwester Lenya spielt im Sturm. Die dritte Schwester, Riana, die bei den Juniorinnen spielt, ist als Fan dabei, wie auch Mutter Nadine. Fünfmal Haltiner.
Aus dem Bündnerland
Der sechste Haltiner auf dem Fussballplatz ist nicht verwandt. Es ist der Trainer. Der 34-jährige Patrick Haltiner wächst im Bündnerland auf, in Sagogn. Im Nachbardorf Schluein spielt er Fussball, wird bald auch Trainer und baut ein Frauenteam in der Surselva auf. Darauf folgen viereinhalb Jahre in Chur, wo er mit den Frauen zweimal aufsteigt, von der 4. Liga bis in die 2. Liga. Dann kommt er als Assistent von Pascal Roth nach Widnau und sagt: «Er ist mein Vorbild. Ich habe in allen Bereichen viel von ihm gelernt.»
Patrick Haltiner wohnt immer noch im Bündnerland und legt pro Training oder Spiel 200 Autokilometer zurück. Zu seinem Team sagt er:
Wir müssen immer an die Grenze gehen. Fehler werden in dieser Liga sofort bestraft. Aber wir alle versuchen, das Beste zu machen.
Den Vertrag mit dem Trainer und seinem Assistenten hat der FC Widnau bereits verlängert.
Ein Fussballer als Freund
Zurück zu Alida. Sie arbeitet als MPA in einer Praxis in Heerbrugg. «Mir gefällt der Kontakt mit den Menschen», sagt sie. Einmal klappte der Kontakt besonders gut. Der verletzte Fussballer Manuel Tobler aus Rheineck erschien als Patient. Er ist heute ihr Freund und ist Ersatztorhüter beim FC Au-Berneck. Die beiden leben jetzt zusammen in Widnau. Wenn es die Spielpläne gut meinen, sehen sie ihren Partner im Einsatz. Wie am letzten Wochenende. Allerdings: Zweimal gab es Niederlagen. Aber beide sind deshalb nicht traurig.
Ein Sonntagnachmittag, der anders verläuft als erwartet