12.11.2021

«Es ist massiv sicherer geworden»

Seit zehn Jahren sind in Heerbrugg Bahnhofpaten präsent. Sie tragen dazu bei, dass Reisende sich wohlfühlen.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Es ist Rush-Hour am Bahnhof Heerbrugg. Züge fahren ein, Reisende und Pendler steigen ein oder aus. Manche haben ihr Ziel erreicht, andere wechseln das Verkehrsmittel. Aus Lautsprechern ertönt klassische Musik. Die instrumentalen Klänge kennt man hier seit etwa zehn Jahren. Die Musik ist ein beruhigendes Hintergrundgeräusch. Beim ein oder anderen Unruhestifter löst sie hingegen – gewollt – Unbehagen aus.So wie die Musik den Ohren vertraut ist, sind es die Bahnhofpaten den Augen. Seit Juni 2011 patrouillieren die Patinnen und Paten zu Stosszeiten in Zweierteams über die Perrons, tragen eine SBB-Uniform und vermitteln den Reisenden das Gefühl, sicher zu sein.Es geht nicht immer nur nett zu auf dem SBB-ArealSusanne Ferizi ist eine Bahnhofpatin. Sie leistet seit sieben Jahren bis zu acht dreistündige Einsätze im Monat – bei Wind und Wetter. «Ich bin gern unter Menschen», sagt sie. Die Heerbruggerin engagiert sich auch im Fliegermuseum in Altenrhein. Auf die Freiwilligenarbeit der Bahnhofspaten wurde sie über Benevol St. Gallen aufmerksam. Die Aufgabe bereitet ihr Freude. Vor einem Einsatz weiss sie nicht, was auf sie zukommt. Mal ist der Bahnhof bevölkert, mal wie ausgestorben. Wartet eine Schulklasse auf den Zug, achtet die Patin darauf, dass niemand in Gefahr gerät. Ein anderes Mal hilft sie Feriengästen, sich zurechtzufinden. «Manchmal brauche ich auch einen Panzer», sagt sie. Es geht nämlich nicht immer nett zu auf dem SBB-Areal. «Die Reisenden sind zwar dankbar, wenn wir ihnen zeigen, wo der Bahnersatzbus abfährt. Die Gruppen, die hier abhängen, benehmen sich aber oft daneben.» [caption_left: Susanne Ferizi: „Manchmal brauche ich einen Panzer“.]Wird Susanne Ferizi beleidigt, stellt sie ihre Ohren auf Durchzug. Die xte «dumme Kuh» ist auch mal eine zu viel. Stellt sich jemand provokativ vor Susanne Ferizi, hält sie die Hand vors Gesicht und sagt: «Stopp!». Sie setzt eine Grenze und verhindert, dass man ihr ins Gesicht spuckt. Bevor es gefährlich wird, holen sich die Paten Hilfe von der Kantons- oder Bahnpolizei. Es habe einmal jemand eine Sitzbank abgerissen und auf die Gleise geworfen. Passiert sei aber nichts, sagt die Patin.Der Anstoss kam von der GemeindeDie Bahnhofpaten in Heerbrugg feiern dieses Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Der Anstoss für die ehrenamtliche Dienstleistung kam von der Standortgemeinde. «Sie wollte das Sicherheitsempfinden erhöhen und kannte das RailFair-System der SBB», sagt Walter Schwendener aus Buchs. Als erfahrener Koordinator der Gruppe in Buchs erhielt er den Auftrag, Freiwillige zu rekrutieren und übernahm auch in Heerbrugg die Leitung. Er schreibt die Einsatzpläne, leitet Teamsitzungen, organisiert den Erfahrungsaustausch und verbindet die Gruppe mit Nadia Hämmerli, der Programmleiterin RailFair der SBB.RailFair gibt die Standards vor und organisiert Ausbildungen der Patinnen und Paten. In den Kursen «YourPower Kriminalprävention» und «chili–Konfliktprävention» bekommen sie Tipps zu verbaler und nonverbaler Kommunikation. Sie lernen, eine heikle Situation nicht eskalieren zu lassen und befassen sich mit Suizidprävention.RailFair hat die Vereinbarung mit der Gemeinde geschlossen. «Sie ist nicht operativ tätig, sie unterstützt uns in der Werbung und lädt die Freiwil­ligen zum Weihnachtsessen ein», sagt Walter Schwendener. Der Auer Gemeindepräsident Christian Sepin erachtet es als ein gutes Zeichen, dass 13 Freiwillige motiviert Dienst leisten. «Es hat sich gezeigt, dass sich ihr Wirken auszahlt und das Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung deutlich gestiegen ist», sagt er. «Es freut mich, dass sich so viele Frauen engagieren.»«Der Bahnhof ist die Visitenkarte eines Ortes», sagt Nadia Hämmerli. «Unsere Paten melden Defekte oder Verunreinigungen über eine App direkt an die zuständige Stelle der SBB.» Sauberkeit trage zum Wohlbefinden der Passanten und Reisenden bei. «Es ist massiv sicherer geworden», sagt Walter Schwendener.Wer Interesse hat, sich als Bahnhofpate oder Bahnhofpatin zu engagieren, melde sich bei Walter Schwendener unter Telefon 079 432 04 88.