22.12.2018

Ex-Banker gestaltet Beton

Mit einer Badewanne aus Beton begann für Andy Keel der Erfolg. Sein Start-up-Unternehmen dade-design hat den Umsatz seit 2012 dreimal verdoppelt, danach stieg er jährlich um 40 bis 50 Prozent.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererSechs Jahre nach der Gründung ist dade-design ein Betrieb, der 23 Teilzeit-Mitarbeiter beschäftigt (10 Vollzeit-Stellen) und rund 100 Fachhändler in sechs Ländern beliefert. Bad und Küche bilden den Schwerpunkt der Beton-Produktpalette, Wanddesign ist ein drittes Standbein.Mehrere Serien von Waschtischen und Kleinmöbeln wurden gemeinsam mit externen Desi­gnern gestaltet und in die Serienproduktion überführt. Seit letztem Jahr ist es möglich, kom­plette Innenausbauprojekte zu übernehmen und In- und Outdoorküchen aus einer Hand anzubieten. Zunehmend wird dade-design zum Ansprechpartner für Architekten.Bei Grossbanken Karriere gemachtAndy Keel hatte bei zwei Grossbanken in Zürich gearbeitet, war bei der einen schon mit 27 weltweit fürs Kostencontrolling zuständig und eröffnete bei der anderen deren erste Facebook- und Twitter-Seite. Dann widmete sich der Betriebsökonom als Vollzeitvater und Hausmann dem heute zehnjährigen Sohn Jaron. In jener Zeit entstand die Idee, für ein Renovierungsobjekt ei­- ne Betonbadewanne anzuschaffen, die jedoch auf dem Markt nicht zu finden war und die auch niemand individuell herstellen mochte.Mit der Entwicklung seiner ersten Wanne fing Andy Keel in einer kleinen Garage im Altstätter Industriegebiet Baffles an. Den damaligen Räbafäger unterstützte sein Guggenkollege Ralph von Siebenthal, der sich als Tiefbauer im Formenbau auskannte und an den Wochenenden mit Andy Keel am Hochleistungs­zement herumtüftelte. Von Siebenthal ist heute mit zehn Prozent an der Firma beteiligt. Auch ein Designer half. Das Ergebnis wog eine halbe Tonne und war deshalb aus zwei Teilen zusammengesetzt.Zeitschriften wie «Schöner Wohnen» berichteten über die Wanne. Weil Andy Keel den Hauptwohnsitz zu jener Zeit in Innsbruck hatte, konnte er auf Einladung der österreichischen Aussenhandelskammer an einer Gemeinschaftsausstellung in Barcelona teilnehmen, im Museum für moderne Kunst. Dort erregte seine Betonwanne so viel Aufsehen, dass sie zwei Jahre lang ausgestellt blieb und nicht, wie ursprünglich geplant, bloss drei Wochen.2012 ging’s mit dem Altstätter Start-up «richtig los», wie Keel sagt. Bald wurden auch Beton-Abdeckungen für die Küche gemacht, 2016 wurde Keel Mitin­haber der Innenausbau- und Möbeldesign-Firma Timberline in Höchst, und in diesem Jahr stellte er an der Möbelmesse in Mailand die erste eigene Küche vor. Zusammen mit der Universität Innsbruck wurde 2017 ein 15 mm starkes Wandpaneel entwickelt, das mit Carbon-Netzen armiert ist und bald Funktionen wie Heizung, unsichtbare Taster oder Sensoren im Beton aufnehmen kann.Schon mehrere Start-ups gegründetIm Formenbau setzt das Unternehmen auf vernetzte, in Höchst vorhandene CNC-Maschinen, auf Altstätter Zünd-Plotter und grossformatige 3D-Sanddrucker. Im 3D-Druckverfahren hergestellte Prototypen entstanden bisher in Paris mit Hilfe eines ABB-Roboters. 2016 konnte dade-design fünf grosse Betonkuben im 3D-Druckverfahren herstellen. Mit diesen Kuben, die Architekturmodelle und Geländestrukturen zeigten, waren österreichische Architekten an die Architektur-Biennale in Venedig eingeladen.Andy Keel hat vor dade-design schon mehrere Start-ups gegründet. Mit seinem Mietwohnungsportal war er der Zeit zu weit voraus, was sich als kostspielig erwies. Hingegen hatte er mit Real match 360 («Wir wissen, wer wo wohnen will») Erfolg, diese Big-Data-Firma verkaufte er. Nach wie vor betreibt er die Alt­stätter Teilzeit AG und deren grösstes Teilzeit-Job-Portal der Schweiz.Heute lebt Keel, der im November vierzig wurde, in Zürich und Innsbruck, in Zürich arbeitet er in einem Co-Working-Büro, im Altstätter Betrieb ist er pro Woche an ein, zwei Tagen. Die verfüg­bare Produktionsfläche von 800 Quadratmetern genügt nach Keels Einschätzung noch zwei Jahre, sofern die Erfolgsgeschichte sich fortsetzt.Und dann? Sicher sei, dass er an Altstätten oder zumindest am Rheintal als Standort festhalten wolle. In Frage komme sodann entweder ein Umzug oder der Entscheid, bewusst auf noch mehr Wachstum zu verzichten.