27.02.2018

Fusion: «Killerkriterium gibt es keines»

Wer genau wissen will, was den Gemeinden Rebstein und Marbach ein Zusammenschluss bringt, kann sich in die Berichte zu den sechs Teilprojekten vertiefen. Das sind 150 Seiten. Oder er besucht eine Veranstaltung wie jene vom Montag.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererEingeladen hatte zwar eine Partei, die FDP. Aber der Informationsgehalt übertraf vielleicht manche Erwartung. Es war zur Fusionsdiskussion der erste Anlass dieser Art: Beide Gemeindepräsidenten traten auf, ebenso beide Schulpräsidenten. Und genauso wenig, wie der interessierte Bürger alle Teilberichte von A bis Z studieren muss, um im Bilde zu sein (auch ein «Ineschnoigge» bringe viel, wie Marbachs Gemeindepräsident Alexander Breu meinte), hielten es die vier Referenten (zum Glück) nicht für nötig, alle Einzelheiten darzulegen. Sie pickten wichtige Aspekte heraus und zeichneten so doch ein zusammenhängendes Bild. Das Publikum nutzte den zeitlich mindestens gleich grossen Teil der Veranstaltung, um Fragen zu stellen. (Die Teilberichte sind übrigens auf den Gemeinde-Webseiten zu finden.)Grosser Abstimmungstag wohl im SeptemberSo kamen zum Beispiel die folgenden wichtigen Infos zusammen: Wohl noch im April sagt der Kanton, welcher Unterstützungsbeitrag bei einem Zusammenschluss fliesst, im Juni dürfte das Gutachten vorliegen, aller Voraussicht nach im September wird abgestimmt. Die Behörden hoffen auf eine sehr hohe Stimmbeteiligung, denn das Ergebnis, wie auch immer es ausfällt, soll möglichst breit abgestützt sein. Am Abstimmungstag entscheiden die Stimmberechtigten von Rebstein und Marbach, ob sie die Fusion ihrer Gemeinden wünschen. Zugleich stimmen die Stimmberechtigten der drei Schulgemeinden (Primar Marbach, Primar Rebstein, Oberstufe Rebstein-Marbach) darüber ab, ob bei einem Ja zur Fusion der politischen Gemeinden ihre Schulgemeinde in eine Einheitsgemeinde integriert wird. Sollten alle drei Schulgemeinden ebenfalls Ja sagen, entstünde eine einzige deutlich grössere, so genannte Einheitsgemeinde mit einem Gemeindepräsidenten, einem Schulpräsidenten (der zugleich Gemeinderat wäre), fünf Schulräten und fünf GPK-Mitgliedern. (Es ist aber auch denkbar, dass z.B. nur zwei Schulen sich in die Einheitsgemeinde integrieren und die dritte eigenständig bleibt. - Die Bürger entscheiden!)Unbestritten ist eine Einheitsgemeinde mit der Möglichkeit verknüpft, die Schulverwaltung zu vereinfachen. Rebsteins Schulpräsident Roland Schönauer geht davon aus, dass sich Behördenmitglieder (weil es viel weniger wären als heute) nach einer Fusion leichter finden liessen. Sein Marbacher Amtskollege Ernst Dietsche ist indes nicht sicher, ob wenig Leute mit grosser Aufgabe vielleicht nicht doch schwerer zu finden wären als mehr Leute mit weniger aufwändigem Job.Eggenberger betonte den regionalen GedankenRebsteins Gemeindepräsident Andreas Eggenberger betonte den regionalen Gedanken. Ein solcher passt zu den grossen Bestrebungen, die derzeit mit dem Agglomerationsprogramm des ganzen Tals zum Ausdruck kommen. Die Raumplanung verlange nach regionalem Denken, ebenso die Lösung von Verkehrsproblemen, sagte Eggenberger. Rebstein und Marbach als neue Gemeinde hätten zusammen eine schöne Grösse und würden auch anders wahrgenommen. Nichts zu tun, betrachte er als Rückschritt, sagte Eggenberger. Zur Sprache kam auch die zunehmende Komplexität der Gemeindeaufgaben, die eher für eine Fusion spreche.Beim Steuerfuss brächte ein Zusammenschluss eine Angleichung; Marbachs Steuerfuss von heute 134 (und im neuen Jahr voraussichtlich noch 128 Prozent)würde mit einer Fusion aufs Rebsteiner Niveau von 119 Prozent sinken. Den Steuerfuss habe er in der ganzen Fusionsdiskussion aber bewusst nie hervorgehoben, weil er bloss ein Aspekte unter vielen sei, sagte Breu.Jemand wollte wissen, ob es in all den Teilberichten einen «schlagenden Nachteil» gebe, den eine Fusion brächte. Eggenberger entgegnete, die Zahlen, die ja noch nicht auf dem Tisch liegen, müssten natürlich stimmen. Davon abgesehen gilt jedoch: «Ein Killerkriterium, das gegen einen Zusammenschluss spricht, gibt es nicht», wie Breu bemerkte. Hingegen bestehe eine «emotionale Komponente». Jeder einzelne Stimmberechtigte, gab Ernst Dietsche zu bedenken, müsse sich selbst fragen, was ihm wichtig sei. Zum Beispiel: «Möchte ich den Schulbehörden in einem Dorf nahe sein oder bevorzuge ich ein einziges Schulratsgremium für alle drei Schulen (deren Standorte übrigens auch bei einer Fusion bestehen bleiben)?»Generell schwang in Dietsches Voten am ehesten Skepsis mit, was nicht verwundert: Marbachs Schulratsgremium äusserte sich kürzlich in einer Stellungnahme eher kritisch.Ein besonderes Votum kam von Jürg Preisig. Der Bürger aus Rebstein sprach von einer «enormen Chance» und dankte den Behörden für ihre Arbeit. Die Anwesenden bedachten Preisigs Worte mit Beifall.