Marbach 20.03.2023

Gegen Foodwaste – Verein re-Serviert rettet Lebensmittel und verschenkt sie weiter

Seit einem Jahr ist der Verein re-Serviert Rheintal in Marbach aktiv. Er setzt sich gegen Foodwaste ein. Mit Erfolg.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 22.03.2023

In dem Haus, in dem sich einst evangelische Pfarrpersonen um die Seelen ihrer Schäfchen sorgten, rettet heute ein Verein Lebensmittel. Der Gewölbekeller des ehemaligen reformierten Pfarrhauses stellt dafür die beste Voraussetzung. Er ist kühl, bietet Platz und ein besonderes Ambiente.

Die Idee zu «re-Serviert Rheintal» hatte Sonja Enzler. Vor eineinhalb Jahren zog die Frau, die im Ausserrhoder Stein aufwuchs, mit ihrer Wohngemeinschaft in das geschichtsträchtige Gebäude an der Marbacher Obergasse.

Niemand fragt nach Status oder Lohnausweis

Ihr gefielen Haus und Lage – auf halber Strecke von St. Gallen nach Grabs. In der Stadt hat sie ihr privates Umfeld, in dem Werdenberger Dorf arbeitet die 31-Jährige als Sozialarbeiterin in einer offenen Jugendeinrichtung der Gemeinde. In ihrer Freizeit engagiert sie sich als «re-Serviert Rheintal»-Präsidentin. Der Verein setzt sich gegen Foodwaste ein, ret­tet Lebensmittel vor der Vernichtung und verschenkt sie weiter.

Wer im Gewölbekeller etwas abholen möchte, muss nur eine Voraussetzung erfüllen: Essen nicht wegwerfen wollen. Dieses Kriterium erfüllen sowohl begüterte als auch armutsbetroffene Menschen. Der Verein fragt weder nach dem Status noch nach einem Lohn- oder Sozialhil­feausweis. «Man sollte seine Scham beiseitelegen», sagt Enzler. «Foodwaste zu vermeiden, geht alle etwas an.»

Man kann jene Lebensmittel, die der Discounter Lidl in der Filiale in Lüchingen – und neu auch in Widnau – nicht mehr verkaufen darf, zu den Öffnungszeiten abholen. Der Verein Food-Care Ostschweiz ist ein weiterer Partner.

Von der Einkaufshilfe bis zur Vereinsgründung

Ein kleiner Rückblick in die ersten Pandemiewochen: Als der Lockdown ausgerufen worden war, kehrte Sonja Enzler von einer Reise heim. Um etwas für ihre Mitmenschen bewirken zu können, organisierte sie eine Einkaufshilfe in einer Zeit, in der alle aufgerufen waren, zu Hause zu bleiben. Rasch hatte Enzler ein dichtes Netz aus etwa 200 Freiwilligen geknüpft.

Bald kam Sonja Enzler der Wunsch, ihren Anteil zu leisten, damit Foodwaste möglichst verhindert wird und Lebensmittel nicht unnötig weggeworfen werden. Ähnlich wie bei der gelungenen Einkaufshilfe setzte sie auf die Kraft der Gemeinschaft und nutzte die Ressourcen ihres Netzes in einem neuen Projekt.

Sonja Enzler vereinbarte mit Conny Calderone, ihrer Studienkollegin und der Gründerin des gemeinnützigen Vereins re-Serviert in Zürich, dass sie deren Konzept gegen Foodwaste an die Bedingungen im Rheintal anpassen dürfe. Seit 1. Januar 2022 gibt es nun den Verein re-Serviert Rheintal.

Mitglieder unterstützen den Ausbau der Logistik

Der fünfköpfige Vorstand kann bereits auf 48 aktive und 18 passive Mitglieder zählen. Sonja Enzler sagt:

Wem der Beitrag zu hoch ist, dem oder der greifen wir gern solidarisch unter die Arme.

Sie ergänzt, dass jedes Mitglied mit seinem finanziellen Beitrag hilft, die Logistik zu verbessern. Zum Beispiel will der Verein einen Kühlschrank kaufen, der nicht so viel Strom braucht wie der jetzige. Weiter bietet der Gewölbekeller regelmässig Raum für kulturelle Anlässe – wie Begegnungsfeste oder Vorträge. Auch dafür setzt der Verein die Mitgliederbeiträge ein.

Obwohl der Betrieb erfreulich gut angelaufen ist, will der Vorstand noch mehr Esswaren retten. Die Präsidentin sagt: 

Geschäfte, die Lebensmittel abzugeben haben, dürfen sich gern bei uns melden.

Aus Privathaushalten wird keine Ware angenommen. Sie kann nicht lückenlos nach hygienischen Gesichtspunkten kontrolliert werden. Derzeit stehen Obst, Gemüse, Süsswaren, alkoholfreie Getränke und Kosmetik im Gestell.

Auswahl und Menge der Produkte schwanken. Nach Festtagen gibt es zum Beispiel mehr Schoggi. «Als der Weizen teurer wurde, hatten wir wenig Brot abzugeben», sagt Sonja Enzler.

Es wurde weniger gebacken. Das ist in unserem Sinn. Brot wurde nicht fortgeworfen.

Fleisch, Fisch und Milch­produkte fehlen auf der Verschenkliste. Der Vorstand von «re-Serviert Rheintal» sucht auch aus ethischen Motiven nach einer Lösung, dies doch anbieten zu können und folglich auch hier Foodwaste zu vermeiden. «Es stehen Tiere hinter den Produkten.»

Öffnungszeiten:
Dienstag und Donnerstag, 20 bis 22 Uhr;
Mittwoch, Freitag, Sonntag, 10 bis 12 Uhr,
Samstag, 18.30 bis 22 Uhr.
www.re-serviert-rheintal.ch