Christlich vor 1 Stunde

Gemeinschaft vermag es, einsame Menschen zu stärken – Wege aus dem Alleinsein

Einsamkeit trifft viele Menschen, besonders im Alter. Doch Begegnung und Gemeinschaft können heilsam sein – sie schenken Nähe und neue Verbundenheit.

Von Anne Heither, Spitalseelsorgerin
aktualisiert vor 1 Stunde

«Ich habe niemanden. Ich bin ganz allein, dabei bräuchte ich gerade jetzt jemanden.» Der von seiner Krankheit gezeichnete ältere Mann sitzt in seinem Spitalbett. Das, was er gerade ausspricht, hat er vielleicht schon länger gespürt.

Er fühlt sich einsam. Er sehnt sich nach Menschen, die seine Situation mit ihm teilen. Dann beginnt er zu erzählen: von seiner Arbeit, die er mit Leidenschaft über das Pensionsalter hinaus betrieben hat, von der eigenen kleinen Firma. Er hätte gerne Familie gehabt, aber es hat sich nicht ergeben. Durch den kleinen Betrieb hatte er Kundenkontakte, die aber nicht über das Berufliche hinausgingen.

Einsamkeit kann schwer wiegen

Viele Menschen teilen das Gefühl von Einsamkeit, bei manchen von ihnen steht es im Vordergrund und ist sehr präsent, bei anderen meldet es sich nur gelegentlich, vielleicht gerade jetzt, an den langen Novemberabenden. Dann wird uns bewusst, wie wichtig es ist, ein soziales Netz zu haben, eines aufzubauen und zu pflegen.

Ein tragendes soziales Netz, das meint die Verbundenheit mit Menschen, bei denen ich so sein darf, wie ich bin, mit all meinen Gefühlen, Gedanken und Hoffnungen; Menschen, mit denen ich Erlebnisse meines Lebens teilen darf.

In der jüdisch-christlichen Tradition ist neben der Beziehung zum Göttlichen diese Gemeinschaft untereinander für uns Menschen zentral: In der Gemeinschaft, dort, wo ich anderen, wie die Bibel sagen würde, «in geschwisterlicher Liebe» begegne, wo ich an Freude und Sorgen anderer teilhabe und meine Anliegen teilen kann, da kann ich ganz Mensch werden und fühle mich verbunden. Gemeinschaft heisst dabei auch, sich selbst einzubringen mit den eigenen Stärken, sich auch einmal zurücknehmen zu müssen, wenn andere erzählen; zuzuhören, respektvoll und wertschätzend zu diskutieren, wenn es verschiedene Ansichten gibt.

Verbunden statt allein sein

Gemeinsam überlegen der ältere Mann und ich: Wie könnte er Kontakte knüpfen, um wieder in Austausch mit anderen Menschen zu kommen? Wie kann er wieder erleben, was es heisst, sich mit Fröhlichen zu freuen und mit Weinenden zu weinen, wie es in der Bibel heisst (Römerbrief 12)?

Am Ende erstellen wir eine lange Liste: Mittagstische, Selbsthilfegruppen, Plauderbänke, Treffen für Alleinstehende, organisierte Ausflüge, die Nachbarn im Mehrfamilienhaus, Veranstaltungen der Gemeinde, der Kirchen, von Pro Senectute oder VHS, und vielleicht sogar ein ehrenamtliches Engagement im kleinen Rahmen, denn es kann guttun, auch andere zu stützen und zu stärken.

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