14.10.2019

Hightech in ehemaliger Zwirnerei

Eine einstige Zwirnerei wird zum kleinen Gewerbepark. In einer der Hallen soll CBD-Hanf heranwachsen.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererCBD ist die Abkürzung für Cannabidiol – ein nicht psychoaktives Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf. Es wirkt medizinisch unter anderem entkrampfend, entzündungshemmend und angstlösend.In einer Halle der ehemaligen Zwirnerei und Färberei C. Beerli sollen nun aus Samen mit spezifischer Genetik zunächst die Mutterpflanze und sodann Stecklinge hochgezogen werden.Im Gegensatz zu anderen Anlagen wird alles inhouse gemacht, wodurch eine gleichbleibende Qualität und die nötige Reinheit gewährleistet sind. Nicht nur die Mutterpflanze wird sich in einem sogenannten Reinraum befinden, auch der Rest der Anlage befindet sich in einem hermetisch abgeschlossenen Raum.Familienprojekt mit «viel Leidenschaft»Es handelt sich um ein Familienprojekt, hinter dem «viel Leidenschaft steckt». Das sagt der Software- und Finanzfachmann Jürg Gairing, dessen Sohn, ein Maschinenbauer und Ingenieurstudent, das Projekt angeregt hat. Im Moment liegt das Umnutzungsgesuch für die Halle bei der Gemeinde Thal, möglichst mit Beginn des nächsten Jahres möchten Gairings starten.Insgesamt drei Angehörige der seit 25 Jahren in Rheineck lebenden Familie sowie zwei weitere Partner aus ihrem Umfeld gründen gemeinsam eine Aktiengesellschaft und investieren in das Projekt eine namhafte Summe. Der zu zertifizierende Betrieb wird angesichts der bestehenden grossen Nachfrage auf die Herstellung grösserer Mengen ausgerichtet sein. Hierfür wird ihm modernste Technik zur Verfügung stehen.Schreinerei eingemietet, ein Teil dient als LagerDie sukzessive Umwandlung der einstigen Zwirnerei in einen kleinen Gewerbepark ist mit dem neuen Projekt weit fortgeschritten. In einer der Hallen ist bereits eine Schreinerei eingemietet, drei weitere Firmen nutzen je einen Teil der verfügbaren Fläche als Lager, und mit dem geplanten Beginn der CBD-Hanfproduktion werden die früheren Fabrikationsräume zu fast zwei Dritteln neu genutzt sein. Nur zwei Hallen werden dann noch frei sein. Diese haben eine Fläche von rund 600 bzw. 250 Quadratmetern.Zur besten Zeit waren bei C. Beerli 45 Leute tätigUrs Isler, dem in Gossau lebenden Eigentümer der Liegenschaft, liegt daran, wieder Leben in die ehemalige Fabrik zu bringen, in der zur besten Zeit 45 Mitarbeiter tätig waren. Der Textiltechniker, Vorstandsmitglied von Swiss Textiles, konnte die C. Beerli AG im Rahmen eines Management Buy Out 1997 kaufen.Als die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar 2015 den Euro-Mindestkurs aufhob, bedeutete dies für die C. Beerli AG das Ende der Produktion in Thal. Bis zum Ende jenes Jahres erfolgte die Verlagerung des Betriebs nach Italien.Schon 1994 war die Färberei nach Österreich verschoben worden, sodass in Thal nur noch gezwirnt und gespult wurde. In Österreich sind knapp 20 Mitarbeiter tätig, in Deutschland 80. Im nördlichen Nachbarland werden die in Österreich hergestellten Färbespulen endbearbeitet.Die C. Beerli AG, eine Tochter der Gossauer Istex Holding AG, verkauft Garne in über 50 Länder. 90 Prozent des Umsatzes wird im Euroraum erzielt. In Thal, wo Urs Isler sein Büro hat, ist man nur noch zu dritt tätig – für Ein- und Verkauf.Das C. im Firmennamen steht für Conrad. Das Unternehmen wurde 1886 als Zwirnerei gegründet, 1889 kam die Färberei dazu.Schon vor der Unternehmensgründung hatte sich im Gebäude während eines halben Jahrhunderts eine Zwirnerei befunden, davor war eine Mühle be-trieben worden. Conrad Beerli, der keine Nachkommen hatte, starb 1909.Vorübergehend gehörte Zwirnerei der ViscosuisseNach Beerlis Tod begann die drei Jahre zuvor gegründete Viscosuisse mit dem Kauf von Beerli-Aktien. In den Vierzigerjahren gehörte die Thaler Zwirnerei ganz der Kunstfaserproduzentin «Viscose», die mehrmals den Namen änderte, bis die Firma 2006 erlosch.Wie in Widnau auf dem ehemaligen Viscose-Areal soll nun auch in Thal in alten Räumen etwas Neues, Zukunftsträchtiges entstehen.