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Turnen 08.09.2024

In der neuen Turnarena Rheintal sollen auch Mädchen trainieren

Ein Projektteam kämpft um den Neubau einer Turnarena in Widnau. Es hat eine Vision entwickelt, die schon lange weit fortgeschritten ist, doch nun kam eine Änderung dazu: Es soll auch Kunstturnen für Mädchen geben.

Von Remo Zollinger
aktualisiert am 08.09.2024

Bei SFS und Lidl, auf Boden der Ortsgemeinde Au, aber der Politischen Gemeinde Widnau soll die Turnarena Rheintal entstehen. Das sieht die Vision einer Stiftung vor, die sich dafür gegründet hat. Sie besteht zu grossen Teilen aus Vätern von Kunstturnern des Trainingszentrums Rheintal, das in der Widnauer Aegeten an die Grenzen stösst. Die Initianten brennen für ihre Idee, das ist im Gespräch mit Projektleiter Thomas Steiger gut spürbar. Und sie versuchen, alle ins Boot zu holen. Nicht mit leeren Versprechungen, sondern mit konkreten Plänen. «Die Arena wird ein Leuchtturm für alle, nicht nur für das Kunstturnen», sagt Steiger.

Der Breitensport soll ebenso gefördert werden wie der Leistungssport. Nun sieht eine neue Idee vor, ein Angebot für Kunstturnerinnen zu schaffen, das es bisher nicht gegeben hat.

Diese neue Rheintaler Vision hängt unweigerlich mit der tragischen Geschichte eines anderen Standortes zusammen. Dieser Fall zeigt deutlich, weshalb eine eigene Halle ein grosser, ja entscheidender Vorteil ist. So musste das «Trainingszen­trum Fürstenland Frauen» in Mo­gelsberg den Trainingsbetrieb einstellen, der Vermieter hat den Vertrag mit den eingemieteten Kunstturnerinnen gekündigt. Die Halle in Mogelsberg stehe «nicht länger zur Verfügung», ist einem Bericht des «St. Galler Tagblatts» aus Mai 2024 zu entnehmen; ein Hallenbauprojekt in Gossau sei gescheitert. Rund 30 Mädchen trainieren nun in Wil oder Frauenfeld, nicht mehr an ihrem angestammten Ort. Es besteht Platz für einen neuen Leuchtturm – im Rheintal?

Mogelsberg war seit 2017 das Kompetenzzentrum Kunstturnen für Mädchen und Frauen, nun ist dieser Standort verschwunden. Wer die Webseite des TZFF besucht, wird mit der Frage

Willst du Kunstturnen?

konfrontiert – und auf den Internetauftritt der Turnfabrik Frauenfeld weitergeleitet.

Interdisziplinäres Wirken gehört zur grossen Vision

In dieser trainieren nicht nur Kunstturnerinnen, sondern etwa auch Leichtathletinnen. Ein Beispiel ist Angelica Moser. Die Olympia- und WM-Vierte und Diamond-League-Siegerin im Stabhochsprung begann ihre sportliche Karriere als Kunstturnerin und absolviert noch heute wöchentlich ein Turntraining in Frauenfeld. Ein solch interdisziplinäres Angebot schwebt auch den Initianten der Turnarena Rheintal vor. Thomas Steiger sagt:

Die Arena wird nicht nur für die Kunstturner des TZR gebaut, auch der Breitensport profitiert davon stark. Gerade im Geräteturnen, das im Rheintal sehr beliebt ist.

Die Turnarena bringe die regionalen Vereine zusammen; in ihr könnten auch der TV Widnau, der STV Balgach, der STV Marbach oder andere mit professioneller Infrastruktur trainieren. Das erleichtere auch den Übergang zwischen Leistungs- und Spitzensport, etwa zwischen Geräte- und Kunstturnen. Doch während das Geräteturnen im Rheintal weiblich dominiert ist – «80 Prozent sind Mädchen, 20 Prozent Buben», so Steiger – gibt es für Kunstturnerinnen kaum ein Angebot.

Die Balgacherin, die aus Mogelsberg kommt

«Mogelsbergs Pech ist gewissermassen unser Glück», sagt Thomas Steiger. Dies, ganz ohne sich über das Schicksal der Fürstenländer auf irgendeine Art zu freuen. Das Gegenteil ist der Fall, der Wegfall eines etablierten Kompetenzzentrums trifft den Sport. Aus Rheintaler Sicht wurde so allerdings eine Trainerin frei, die das Angebot in der neuen Turnarena prägen soll: Janine Thiébaud. Die Balgacherin betreute die Mädchen im Fürstenland und nimmt nun in Widnau die Arbeit auf. Ihr Mann Nico Thiébaud ist Präsident des TZ Rheintal sowie im Neubau-Projektteam für das Sponsoring und Marketing zuständig.

Thomas Steiger sagt:

Janine Thiébaud will unbedingt als Trainerin weitermachen, sie lebt dafür.

Mit ihr gründet das TZ Rheintal in Widnau eine Abteilung für Mädchen. Bisher gab es für sie hier eine Grundausbildung, aber weder das folgende «Einführungsprogramm» noch das «Programm 1». Sie mussten Widnau sehr früh verlassen. Nun sollen sie bis im P1 dort bleiben können, nach dieser Kategorie wechseln Mädchen ans Regionale Leistungszentrum.

Frust vermeiden, bevor die Karriere überhaupt beginnt

Die Rolle der Turnarena beschreibt Steiger so: «Wenn die Mädchen am Scheideweg zwischen Leistungs- und Breitensport stehen, sehen sie, dass Geräteturnen am gleichen Ort angeboten wird. So können sie in ihrem Stammverein weiterturnen, ohne ihre gewohnte Umgebung verlassen zu müssen.» Das vermeide Frust und die Beendigung einer sportlichen Laufbahn noch ehe diese überhaupt wirklich begonnen habe.

Steiger verdeutlicht so den gesellschaftlichen Auftrag der Turnarena, ohne diesen Begriff selbst zu verwenden. Er weiss: Bis es so weit ist, ist es noch ein langer Weg. Besonders die Finanzierung beschäftigt ihn. Das Projekt kostet drei Millionen Franken, rund die Hälfte davon will das Projektteam über Crowd­funding sammeln. Bis Ende Jahr soll der Betrag beisammen sein. «Dafür stehen wir auch an Ständen, am ‹Buuramaart› in Altstätten, an Weihnachtsmärkten», sagt der Projektleiter mit glänzenden Augen. Er und seine Mitstreiter geben alles dafür, dass aus Vision Realität wird.

www.turnarenarheintal.ch

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