25.09.2019

Mama schwingt am Eidgenössischen

Am Sonntag findet in Menznau LU das Eidgenössische Frauenschwingfest statt. Patricia Fiechter aus Kriessern kämpft um einen Kranz.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Dass es ein Eidgenössisches Frauenschwingfest gibt, wissen wohl viele nicht. Jedenfalls besitzt dieses Fest nicht annähernd die mediale und sonstige Präsenz wie bei den Männern. Dabei ist das Rheintal, anders als bei den Männern in Zug, mit einer Schwingerin vertreten.Die 32-jährige Kriessnerin Patricia Fiechter hat sich eher überraschend für den Saisonhöhepunkt qualifiziert – sie hatte nur ein Fest bestritten, das erste nach einer langen Wettkampfpause. Den Kranz hat Patricia Fiechter auf dem Ricken zwar um einen Viertelpunkt verpasst. Das Resultat reichte aber, um die Einladung fürs Eidgenössische zu erhalten.Das schlummernde Talent wieder weckenPatricia Fiechters Mann Bruno Flück ist ebenfalls Schwinger. Er stammt aus dem Kanton Schwyz und kämpft für den SK Mittelrheintal. Es ist nicht so, dass Patricia Fiechter über ihn zum Schwingen gekommen ist – sie war schon im Sägmehl aktiv gewesen, bevor sich die beiden vor vier Jahren kennenlernten.Aber Bruno Flück war dennoch der Auslöser dafür, dass Patricia Fiechter jetzt wieder im Sägemehl steht. Er trainiert eine Gruppe von Frauen beim Schwingklub Linth in Kaltbrunn. Er weiss, wie Patricia Fiechter früher geschwungen hat – vor inzwischen mehr als zehn Jahren war das. Sie war eine internationale Ringerin bei der RS Kriessern. Daneben hat sie manchmal an Schwingfesten teilgenommen. Fünf Kränze hatte Fiechter bei ebensovielen Starts gewonnen.«Nicht viele Frauen schwingen so gut wie Patricia», sagt Flück. Aber ihre Ambitionen sind begrenzt: «Ich kämpfe gerne, aber ich habe nicht viel Zeit fürs Training», sagt sie. Fiechter arbeitet in einem 60-Prozent- Pensum als Prozessfachfrau – und vor allem ist sie seit zwei Jahren Mutter; der Sohn von Patricia Fiechter und Bruno Flück heisst Phileas: «Er ist wichtiger als das Schwingen.»Jeweils am Freitag fährt sie ins Training nach Kaltbrunn. Dort ist Patricia Fiechter auch Sparringspartnerin von Michelle Brunner, die den Königstitel ins Visier nimmt: «Ausser gegen Brunner kann Patricia gegen alle Schwingerinnen bestehen», sagt Flück. Aber die Kraft reiche wohl nicht, um über sechs Gänge ganz vorne mitzuhalten. Der Kranzgewinn sei allerdings möglich. Dieser ist auch das Ziel von Patricia Fiechter: «Aber wenn ich ihn nicht erreiche, geht die Welt nicht unter.»In ihrer ersten Karriere als Ringerin war der Umgang mit Zielen weniger locker. Das Ringen hatte sie nach einem schweren Unfall beendet: «Ich habe es nochmals versucht, aber es war nicht mehr dasselbe.» Dem Mattensport ist Patricia Fiechter aber immer treu geblieben. Seit elf Jahren leitet sie die «Rikidz», die Riege der jüngsten Kriessner Ringer. Das macht sie gemeinsam mit Fabienne Wittenwiler. Auch sie war früher eine internationale Spitzenringerin. Inzwischen kämpft sie für Kriessern II in der Regionalliga gegen Männer – meist erfolgreich.Am gleichen Wochenende ist der ZügelterminAm Montag im «Rikidz»-Training ist Phileas immer dabei. Auch beim Schwingen schaut er oft seinen Eltern zu. Die familiäre Prägung, die bereits seine Eltern erhalten hatten, ist unverkennbar. Phileas wird auch am Sonntag in Menznau mitfiebern, wenn seine Mutter um den eidgenössischen Kranz schwingt – ebenso wie sein Vater und die Grosseltern.Für die junge Familie steht am kommenden Wochenende ein weiterer wichtiger Termin in der Agenda: Patricia Fiechter, Bruno Flück und Phileas ziehen von Kriessern nach Montlingen in ein grösseres Haus mit mehr Umschwung. Es ist das letzte Wochenende des Monats, und der Zügeltermin stand schon vor Patricia Fiechters Quali fürs Eidgenössische fest. Das gehe schon. «Wir konnten schon vieles vorbereiten», sagt Patricia Fiechter.