24.09.2019

Meinung: Denkmalpflege-Texte restaurieren

Die Denkmalpflege pfeift auf die Schönheit der Sprache.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Mauern sind ihr wichtig, Fenster und Fassaden ebenso – beim Formulieren ist sie allerdings so einfallsreich wie eine Abrissbirne, die auf immer gleiche Weise zum Zertrümmern ansetzt.Monoton bedient die Denkmalpflege sich des ärgerlichsten aller Verben. Damit eifert sie Redaktionen nach, die aus Bequemlichkeit viele treffende Wörter durch ein einziges, unpassendes ersetzen. In bald jedem zweiten Satz wird für etwas gesorgt: Verwirrung, Wut, Furore, Schäden, Sicherheit, Schlagzeilen, rote Köpfe, Unmut, Diskussionen, Empörung – weiss der Teufel, wofür noch. Zwar ist gelegentlich für einen Menschen oder ab und zu ein Tier zu sorgen. Aber für Verwirrung (die man stiftet)? Für Empörung (die hervorgerufen wird)? Für Lärm (der sich erzeugen lässt)? Für Unmut (den man auslöst)?Die Denkmalpflege «sorgt dafür, dass Denkmäler in Würde altern», sie «sorgt dafür, dass Baudenkmäler eine Stimme haben», sie «sorgt für Farbe im Leben», sie «sorgt dafür, dass Denkmäler nachhaltig genutzt werden» und sie «sorgt dafür, dass Denkmäler authentisch bleiben».All diese Aussagen sind gegenwärtig auf dem Areal des Altstätter Museums Prestegg vorzufinden, wo grossformatige Plakate Baudenkmäler zeigen und die Texte allesamt in einen dieser schlaffen «sorgt-für»-Sätze münden, die auf sprachaffine Menschen einen schlechten Eindruck machen wie ein Haus, das am Zerfallen ist. Derweil die Denkmalpflege ihr erhaltenswert erscheinende Objekte hätschelt und auf den Plakaten zugegeben hübsch in Szene setzt, lässt sie bei der Verwendung des Kulturguts Sprache keine Sorgfalt walten. Dabei wäre auch die Sprache wie ein schönes Baudenkmal zu pflegen!Helfen wir der Denkmalpflege also auf die Sprünge, indem wir ihre Kernaussagen sprachlich restaurieren: Die Denkmalpflege lässt Denkmäler in Würde altern, gibt Baudenkmälern eine Stimme, bringt Farbe ins Leben, ermöglicht die nachhaltige Nutzung von Denkmälern und gewährleistet, dass Denkmäler authentisch bleiben. – Wäre schön, wenn’s auch die Sprache bliebe und das ärgerlichste aller Verben sich zugunsten einer Rückkehr zu Lebendigkeit und Sprachvielfalt entsorgen liesse.Gert Bruderer