08.10.2019

Mit dem Kajak ans Schwarze Meer

Mike Frei und Ramon Indermaur paddelten sechs Wochen auf der Donau. Ein Sommerabenteuer für die Studenten.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Start der Reise war am 14. Juli in der süddeutschen Stadt Ulm. Ausgerüstet nur mit dem Nötigsten, wasserten die zwei Rheintaler in die Donau ein, in den zweitlängsten Fluss Europas mit über 2800 Kilometer Länge. «Wir haben uns verschiedene Flüsse angeschaut und uns für die Donau entschieden, da ihr Einzugsgebiet für uns noch relativ unbekannt war und uns die Länder entlang des Flusslaufes interessierten.» Zudem reizte es die beiden 23-Jährigen, etwas Unkonventionelles zu machen. «Wir sind keine Fans von Entspannungsferien», sagen sie. «Deshalb suchten wir eine Herausforderung, die wir mit eigener Körperkraft bewältigen konnten.»Wetterglück mit stürmischen AusnahmenMike Frei und Ramon Indermaur strebten ein Tagesziel von durchschnittlich 65 Kilometern an, «was ohne Strömung ziemlich viel ist». Deshalb durften sie sich kaum Verzögerungen leisten. Die Route führte durch Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine. Pro Tag paddelten sie etwa neun Stunden. Das Wetter war meistens sonnig, aber auch sehr heiss. Dies führte zu einem hohen Wasserverbrauch und einigen Sonnenbränden. Die wichtigsten Gepäckstücke waren die Sonnenhüte.Schlechtes Wetter hingegen sei nicht schlimm, solange es nur regne, sind sie sich einig. «Doch wenn es zu stürmen beginnt, kann es kritisch werden.» Einmal mussten sie in Serbien vier Tage lang gegen eineinhalb Meter hohe Wellen kämpfen. Unter diesen Umständen sei es sehr schwierig, das Kajak zu kontrollieren. «Am Ufer scheint es sicherer zu sein, aber die Wellen brechen wie am Meer, was auch wieder umständlich ist.» Muskelkater war nur zu Beginn der Kajaktour ein Thema. «In den ersten drei bis vier Tagen spürten wir die Anstrengung im Nacken, den Schultern, den Oberarmen und im unteren Rücken. Mit der Zeit gewöhnten wir uns daran und hatten keine Probleme mehr.»Die zwei Abenteurer hatten alles dabei, um abseits der Zivilisation mindestens eine Woche überleben zu können. «Wobei wir das Zelt hauptsächlich als Moskito-Schutz benötigten.» Die Insekten waren eine regelrechte Plage. «Selbst mehre-re Anti-Moskito-Sprays waren nutzlos», sagen sie. «Wenn wir bis spätabends paddelten, konnten wir uns nicht mehr gemüt-lich vors Zelt setzen.» Gegessen wurde dann im Innenzelt, dem einzig möglichen Rückzugsort.Die Mahlzeiten bereiteten sie auf einem Gaskocher zu, meistens gab es Pasta und Reis. Mittels eines Wassersackes hatten sie genug Trinkwasser, um ihre Flaschen aufzufüllen. Betreffend Kleider waren sie bescheiden ausgestattet. Badehose, zwei T-Shirts, eine Unterhose und ein paar Socken ge-nügten.Während sie stundenlang paddelten, haben sie über alles Mögliche gesprochen. Dazwischen gab es Phasen, in denen jeder für sich die Natur genoss. «Mike hat seine Gesangskünste ordentlich verbessert», sagt Ramon Indermaur und lacht. «Wir mussten auch stets auf die grossen Frachter und Passagierschiffe achtgeben.» Die zwei jungen Männer haben sich bewusst ohne detaillierte Planung auf die Reise begeben. Sie wollten von Tag zu Tag leben. Einzig die Wasserkraftwerke, die sie mit dem Kajak umgehen mussten, markierten sie auf Google Maps. Einige Schwierigkeiten an den Zöllen in Ungarn, Serbien, Bulgarien und Rumänien liessen sich mit etwas Charme klären.Als schönstes Erlebnis nennen sie die Begegnungen mit Einheimischen und schliesslich das Erreichen ihres Ziels. Während der Reise hatten sie immer wieder Motivationsanstösse wie die zweitägigen Aufenthalte in Wien und Belgrad sowie die Pause während sechs Tagen in Budapest, wo sie das Sziget-Festival besuchten.Mit dem Auto nach HauseFür die Rückreise erwiesen ihnen zwei Freunde einen Gefallen und nahmen über 25 Stunden Fahrzeit auf sich, um sie mit dem Auto in Rumänien abzuholen. Die Kajaks befestigten die vier Freunde mittels Spannset und einem improvisierten Träger aus Kanthölzern auf dem Dach. «Alles in allem war die gesamte Reise einfach ein Riesenerlebnis.»Am 31. August kamen Mike Frei und Ramon Indermaur zurück in die Schweiz. Sie begannen kurz darauf Mitte September in Magglingen ihr Sportstudium und wohnen jetzt in Biel. Nächste Reisepläne haben sie bereits im Hinterkopf: «Eventuell unternehmen wir eine Velotour durch Israel.»