16.04.2019

Nicht klagen, sondern etwas tun

Auf Einladung des AGV Arbeitgeberverband Rheintal diskutierten Experten Möglichkeiten, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Firmen müssen selbst aktiv werden, lautete ein Fazit.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
Ob Gewerbe, Industrie oder Handel, nahezu überall wird hände-ringend der Mangel an Fachkräften beklagt. «Firmen begreifen nicht immer, dass sie jetzt selbst tätig werden müssen», sagt Christof Oswald, Personalchef der Bühler AG in Uzwil. Das Unternehmen mit Kernkompetenzen in der Verfahrenstechnik ist weltweit präsent. «Wir begreifen Investitionen in die duale Berufsausbildung als nachhaltige Investition in die Zukunft», sagt Oswald, nicht ohne auf die mehr als hundertjährige Erfolgsgeschichte der Lehrlingsausbildung bei Bühler hinzuweisen. Jedes Unternehmen sollte sich fragen: «Was braucht das Business?» Es gelte, heute bereits die Fachberufe von morgen zu erahnen und die Ausbildung entsprechend anzupassen. Dazu brauche es durchaus auch eine Portion Mut, sagt der Personalleiter. Die Bühler AG hat ein Nachwuchsförderungsprogramm, das sehr guten Lernenden technische und sprachliche Entwicklungsmöglichkeiten bietet, dazu gehören Auslandsaufenthalte an anderen Bühler Standorten. Zwei Drittel der Lernenden (600 weltweit, davon 300 in der Schweiz). werden vom Unternehmen übernommen.«Man braucht innerbetrieblich Mut»Ivo Riedi, Leiter Berufsbildung bei der SFS Group, kann mit ähnlichen Programmen aufwarten. Im Berufsalltag gestalteten sich manche guten Vorhaben jedoch schwieriger als gedacht. Für eine Auszubildende aus dem Kosovo sei es beispielsweise problematisch, ein Visum für einen Auslandsaufenthalt zur Weiterqualifizierung zu erhalten, gibt Riedi an. Zudem sei es nicht immer ganz einfach, bei den Ausbildern für eine zeitweise Abwesenheit von Lernenden, die sich im Ausland sprachlich oder fachlich weiterbilden wollen, um Verständnis zu werben. «Man braucht auch innerbetrieblich Mut», sagt Ivo Riedi.Auslandsaufenthalt während der LehreSeit einem Jahr gibt es movMEM - ein Programm der Maschinen- Elektro- und Metallindustrie, das Lernenden während der Lehrzeit Auslandserfahrungen ermöglichen soll. Der Branchenverband Swissmem koordiniert das Projekt, das die Attraktivität der technischen Berufslehren erhöhen will. Bis zu 80% der Kosten können im Einzelfall übernommen werden, sodass die grösste Herausforderung meist darin bestehe, dass ein teilnehmender Betrieb drei Wochen auf einen Auszubildenden verzichten muss, sagt Stefanie Fritschi, die movMEM betreut. Über die Firma akzent Sprachbildung, am Anlass durch Nicole Keller vertreten, können für praktisch alle EFZ-Berufe Auslandsaufenthalte organisiert werden. «Eine schöne Möglichkeit für die Firma, danke zu sagen», findet Nicole Kessler.Eine engere Zusammenarbeit zwischen Ausbildungsfirmen und Schulen wünschte sich Christof Oswald. Philipp Müller, stv. Rektor BBZ Rorschach-Rheintal sagte, mit der KV+ Lehre reagiere man beispielsweise auf neue Marktanforderungen und vermittle zusätzliche Fähigkeiten.Hinweisakzent:www.sprachbildung.ch, www.swissmem.ch Zweittext:Mekete Mehari sprach über seinen Weg und seine Ziele. Der 22-Jährige kam von Eritrea über Äthiopien in die Schweiz. Er lebt seit fünf Jahren in der Schweiz. Von Beginn an hat er intensiv Deutsch gelernt, eine Vorlehre gemacht, ein Praktikum und ist seit letzten August Auszubildender bei Säntis Packaging. Sein Ziel: ein EFZ als Kunststofftechnologe. «Seit 1. Januar gibt es keine bürokratischen Hemmnisse mehr bei der Beschäftigung von Flüchtlingen», sagt Bettina Fleisch. Praktika seien eine gute Möglichkeit zum Arbeitseinstieg und zum Kennenlernen. (acp)