04.04.2018

Ping-Pong-Spiel mit viel Humor

Treffen zwei rhetorisch hochbegabte Politiker aufeinander, kommt die Unterhaltung nicht zu kurz. Zu kurz war aber vielleicht das Gespräch zwischen Roger Köppel und Markus Ritter: Als die Menge aufwachte, klemmte der Veranstalter ab.

Von Remo Zollinger
aktualisiert am 03.11.2022
Remo Zollinger«Wir haben jetzt genug gesprochen», sagte Roger Köppel nach gut anderthalb Stunden. Zuvor war es – auch dank gut durchdachten Einwürfen aus dem Publikum – zu einer angeregten Debatte gekommen. Die erste Frage war wie so oft der Dominostein, der die Diskussion ins Rollen brachte. Danach hatten viele Interesse, daran teilzuhaben, aber nicht alle kamen dazu.Nicht so schlimm: Unterhaltend war es so oder so. Zwei Alphatiere begegneten sich unter dem Titel «Weltwoche on the Road» auf Augenhöhe. Hier Verleger und SVP-Nationalrat Roger Köppel, eine der kontroversesten Figuren in der Schweizer Politik, dort der Altstätter CVP-Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter. Wer erwartet hatte, die beiden würden sich Saures geben, wurde enttäuscht. Sie waren sich oft einig, besonders bei der Gretchenfrage der Schweizer Politik, der EU.«Hat Ihre Partei keine anderen Themen?»Sie begründeten ihre Position aber nicht gleich. Ein Besucher sagte: «Die EU ist doch für niemanden ein Thema. Hat ihre Partei denn gar keine anderen Wahlkampfthemen?» Köppel antwortete, das möge wohl so erscheinen, die Befürworter würden es dem Volk aber nicht transparent verkaufen. Dann würde dieses nämlich – das habe die EWR-Abstimmung 1992 gezeigt – ohnehin dagegen stimmen. Ritter relativierte, sagte, ein EU-Beitritt komme in der Tat für niemanden in Frage. Zuvor hatte auch er ein flammendes Plädoyer für die Selbstbestimmung gehalten. «Jetzt trete ich ehrenhalber der CVP bei», sagte Köppel darauf.Hin und wieder versuchte der «Weltwoche»-Chef den Bauernpräsidenten aus der Reserve zu locken. Er tat dies in bekannter Manier: Meist war es ein im eigenen Lachen beinahe untergehender Satz, der mal an den Stammtisch, mal in die politische Philosophie gehörte. «Heute werden die Bauern in Bern nicht mehr geköpft, sondern vergoldet» gehört in die erste Kategorie. «Geht es um den Freihandel, stürmt Ritter mit Hellebarden und Panzerfäusten ins Réduit, um die Bauern zu verteidigen» in die zweite.Der Altstätter, auch ein gewiefter Rhetoriker, überliess seinem Gegenüber das Feld nicht einfach so. Er liess sich nicht verunsichern, auch wenn er sich ab und zu gefühlt haben muss wie ein Interviewgast Roger Schawinskis. Auf einige Spitzen ging er gar nicht ein, andere konterte er ebenso bildhaft. Zu Köppels Réduit-These etwa sagte Ritter, «die Landwirtschaft kann man ja nicht einfach auf den Altar legen und opfern.»Köppel war schon früh zu Scherzen aufgelegtSolche Sätze waren am «politischen Weiterbildungsanlass», wie Köppel das Gespräch nannte, das Salz in der Suppe. Die beiden waren spitzig, aber fair. Sie lieferten sich ein Ping-Pong-Spiel und würzten es mit viel Humor. Ein weiteres Beispiel: Als Köppel den früheren SVP-Nationalrat Rudolf Joder aus Versehen als BDPler bezeichnete, sagte Ritter: «Er kennt ja nicht mal die Leute seiner Partei!» Köppel antwortete, äusserst schlagfertig: «Das ist jetzt peinlich. Aber wer SVPler ist, bestimme immer noch ich.» In der Aula des Schulhauses Wiesental brach ob so viel «Selbstbestimmung» lautes Gelächter aus.Vor der Veranstaltung begrüssten beide die Gäste beim Eingang per Handschlag. Schon da war Köppel zu Scherzen aufgelegt: Einer Gruppe Jugendlicher, die wohl nicht freiwillig dort war, sagte er: «Wenn ihr es zu langweilig findet, verlasst den Raum bitte einfach so diskret wie möglich.» Köppel und Ritter fragten sich gegenseitig, wegen wem die etwa 200 Besucher wohl erschienen waren. Eine Antwort darauf gab die Veranstaltung nicht – sicher ist aber, dass viele gern noch länger geblieben wären, hätte Köppel nicht nach 90 Minuten abgeklemmt.