02.03.2022

Präsidiumswahl in Thal-Lutzenberg: «Eine Fusion ist kein Thema»

Die Vizepräsidentin der Reformierten von Thal-Lutzenberg möchte Präsidentin Melanie Tobler Dudler beerben.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 02.11.2022
Zehn Jahre lang stand Melanie Tobler Dudler aus Buechen der Evangelischen Kirchgemeinde Thal-Lutzenberg vor. Mitten in der Legislatur hatte sie das Präsidium von Roland Grossenbacher übernommen. Er war seinerzeit aus beruflichen Gründen zurückgetreten. Ende Juni läuft Melanie Toblers Amtszeit aus. Nachrücken möchte Vizepräsidentin Sandra Kling aus Altenrhein. Vor der Wahl im März sprechen beide Frauen darüber, wie sich die Kirchgemeinde entwickelt hat und welcher Wandel sie womöglich erwartet.Melanie Tobler Dudler, in welchem Zustand fanden Sie die Kirchgemeinde bei Ihrem Amtsantritt vor?Melanie Tobler Dudler:Obwohl ich der Kirchenvorsteherschaft (Kivo) schon vier Jahre lang angehörte und die Situation in der Gemeinde gut kannte, war mir nicht bewusst, was in dem Amt alles auf mich zukommen würde. Die ersten Jahre waren die schwierigsten meiner Amtszeit.Was war geschehen?Tobler: Die erste Gemeinde­versammlung, der ich vorstand, war eine ausserordentliche. Es ging im November 2012 darum, ob das Kirchgemeindehaus in Thal saniert oder neu gebaut werden sollte. Ich musste ein Geschäft vertreten, dass mein Vorgänger vorbereitet hatte. Es scheiterte. Daraus zog ich die Lehre, dass ich grosse Projekte vor der Übergabe abgeschlossen haben möchte.Der Neubau ist seit Frühling 2019 in Betrieb. Sie meisterten die Hürden also.Tobler: Ich wusste, dass es mit einer guten Vorbereitung klappen würde. Wir überarbeiteten das Projekt und legten es der Bürgerschaft im Januar 2017 erneut zur Abstimmung vor. In derselben Versammlung und zeitgleich mit der katholischen Gemeinde hatten wir die Renovation der paritätischen Kirche Thal traktandiert. An diesem Tag genehmigten unsere Bürgerinnen und Bürger insgesamt 5 Mio. Franken für zwei Bauvorhaben.Sandra Kling, hatten Sie, als Sie vor zwei Jahren Vizepräsidentin wurden, das Ziel, Präsidentin zu werden?Sandra Kling: Nein, aber als Vizepräsidentin bekam ich einen vertieften Einblick in die Geschäfte und Zusammenhänge. Mir gefällt es, Ideen einzubringen und Visionen mitzutragen. So kann ich auch Kontinuität gewährleisten.Tobler:Genauso stelle ich mir das vor.Melanie Tobler, welche markante Veränderung fiel ebenfalls in Ihre Amtszeit?Tobler: Im Jahr 2015 kam mit Barbara Köhler die erste Pfarrerin nach Thal. Sie ist bis heute hier.Hat die Kirchgemeinde Barbara Köhler auf Anhieb akzeptiert?Tobler: Barbara Köhlers Anstellung löste damals kein grosses Erstaunen aus. Man schaute auf ihre Qualifikation und ob sie als Mensch in die Gemeinde passt.Pfarrer Klaus Steinmetz geht im Sommer in Pension. Wie verläuft die Suche nach einer Nachfolge?Tobler: Der Markt ist ausgetrocknet. Bis jetzt haben wir die Stelle noch nicht besetzen können, obwohl die Pfarrwahlkommission seit Mai 2021 arbeitet. Uns lagen nur wenige Bewerbungen vor. Nach einer Absage müssen wir nun wieder bei null anfangen.Was wollen Sie jetzt anders machen?Tobler: Die Pfarrwahlkommission hat entschieden, das Stelleninserat leicht anzupassen. Wir heben neu hervor, dass wir eine Gemeinde am Bodensee sind. Der See und das Dreiländereck sind attraktiv und weit über die Schweiz hinaus bekannt, auch in Deutschland. Das zieht hoffentlich mehr potenzielle Pfarrpersonen an, als wenn wir uns als Weinbaugemeinde anpreisen.Mit welchen Vorzügen können Sie bei einer Pfarrerin oder einem Pfarrer noch trumpfen?Tobler: Wir sind eine attraktive und interessante Kirchgemeinde und müssen über keine gravierenden Schwierigkeiten klagen. 180 Freiwillige arbeiten mit diversen Angeboten für alle Altersgruppen.Ein schöner Werbespot. Ist es dennoch realistisch, dass Sie, Sandra Kling, die Pendenz übernehmen müssen?Kling: Das ist möglich. Bis jetzt gehöre ich nicht der Pfarrwahlkommission an. Mir stellt sich die Frage, ob wir auch langfristig 200 Stellenprozente im Pfarramt besetzen können.Warum befürchten Sie das?Kling: Noch haben wir mehr als 2000 Kirchbürgerinnen und -bürger. In einigen Jahren könnten wir die Grenze unterschreiten. Es wäre möglich, dass wir nicht mehr zwei volle Pfarrstellen finanzieren können. Wir sind im Finanzausgleich der St. Galler Kantonalkirche.In diesem Fall stünde eine Fusion mit einer anderen Kirchgemeinde an?Tobler: Wir waren 2019 in Gesprächen mit den Vorständen von Rheineck und St. Margrethen eingebunden. Sie sahen damals einen zu grossen Schritt in einem Zusammenschluss mit Thal-Lutzenberg. Mit Blick auf unsere Zahlen hätte ich den Schritt befürwortet. Aktuell verhandeln Rheineck und St. Margrethen über eine Fusion. Bei uns ist sie im Moment kein Thema.Wie könnten Sie ohne Fusion auf einen veränderten Finanzausgleich reagieren?Kling: Dann müssten wir unsere Kirchgemeinde anpassen. Im Moment ist sie in zwei Gemeindekreise unterteilt. Barbara Köhler betreut den Kreis Thal mit den Dörfern Thal, Lutzenberg und Buriet. Klaus Steinmetz ist zuständig für Buechen-Staad mit den Dörfern Buechen, Staad, Altenrhein und Wienacht.Sie erwägen, die heute bestehenden Gemeindekreise aufzuheben?Kling: Es ist denkbar, dass wir innerhalb der Kirchgemeinde nicht mehr separieren. Dann wäre eine Pfarrperson nicht für einen Gemeindekreis zuständig, sondern übernähme Aufgaben in der ganzen Kirchgemeinde.Sie denken an eine Ressortaufteilung unter den Pfarrpersonen?Kling: Zum Beispiel. Eine Mischform können wir uns auch vorstellen. Dann wäre je eine Pfarrperson in Buechen und Thal Ansprechperson vor Ort und zuständig für die Kasualien (Feiern an persönlichen Wendepunkten im Leben). In der übrigen Arbeitszeit übernähmen sie einzelne Ressorts.Welche der beiden Varianten bevorzugen Sie?Kling: Sie bereits heute zu gewichten, wäre zu früh. Einen ersten Schritt, mit dem die Kreise zusammenwachsen, sind wir mit dem Bezug des Kirchgemeindehauses in Thal gegangen. Fast alle Mitarbeitenden haben ihr Büro dort. Das ist sehr förderlich. Sie tauschen sich miteinander aus und wachsen erkennbar zu einem Team zusammen. Zur PersonSandra Kling hat Jahrgang 1969, wuchs im baden-württembergischen Bad Mergentheim auf und ist promovierte Geophysikerin. Sie kam im Jahr 2008 in die Schweiz und lebt mit Mann und zwei Kindern in Altenrhein. In der elfköpfigen Vorsteherschaft der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Thal-Lutzenberg engagiert sie sich seit 2013. Das Vizepräsidium übernahm Sandra Kling 2020. Weiter engagiert sie sich ehrenamtlich im Vorstand der Musikgesellschaft Altenrhein Staad.Hinweis: Die Präsidiumswahl ist an der Gemeindeversammlung am Sonntag, 13. März, um 11 Uhr in der paritätischen Kirche Thal.