18.12.2018

Psychiatrie soll nicht mehr selbst mieten dürfen

CVP-Kantonsrat Sandro Hess stösst sich daran, dass die Psychiatrieverbunde quasi am Kanton vorbei Räume von privaten Eigentümern mieten dürfen. Dass die Regierung diese Praxis überprüfen möchte, freut ihn.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Für den Balgacher CVP-Kantonsrat Sandro Hess geht die Rechnung des Kantons nicht in allen Belangen auf. Im Besonderen, dass Spitäler geschlossen werden sollen, weil sie angeblich nicht rentieren, während gleichzeitig die psychiatrischen Dienste in Privatliegenschaften eingemietet sind, die für ihre Bedürfnisse noch ausgebaut werden. Hess hat deshalb die Regierung mittels einer Einfachen Anfrage um Auskunft zu den vom Kanton gemieteten Liegenschaften gebeten.Psychiatrie zahlt auch in Bauten des Kantons MieteDie Regierung hält nun in ihrer Antwort zunächst einen Unterschied zwischen den Spitalverbunden und den Psychiatrieverbunden fest: Den Spitalverbunden wurden die Liegenschaften vom Kanton übertragen, womit sie selbst für den Unterhalt der Bauten verantwortlich geworden sind. Den beiden Psychiatrieverbunden Nord und Süd hingegen hat der Kanton die Liegenschaften nicht übertragen. Für den Unterhalt kommt der Kanton auf. Für die Nutzung kantonseigener Räume zahlt die Psychiatrie deshalb dem Kanton eine «marktübliche» Entschädigung, sozusagen eine Miete.Die Psychiatrie ist allerdings nicht nur in Liegenschaften des Kantons untergebracht, sondern auch in Privatliegenschaften. Aktuell bestehen laut einer Auflistung in der Antwort der Regierung auf Hess’ Anfrage 13 Mietverhältnisse für ambulante, tagesklinische Angebote, wobei ein Schwerpunkt in Heerbrugg liegt. Hier haben die Psychiatrischen Dienste Süd Flächen in sechs Liegenschaften zwischen der Balgacherstrasse und der Schlossstrasse gemietet.Regierung mit heutiger Praxis selbst nicht glücklichDie Kompetenz, zusätzliche Flächen oder ganze Gebäude zu mieten, liege bei den Psychiatrieverbunden, bestätigt die Regierung eine Frage Hess’. Sie sind von Gesetzes wegen selbstständige öffentlichrechtliche Anstalten und können deshalb autonom Mietverträge abschliessen. Das passt der Regierung offenbar aber selbst nicht so recht: Sie weist denn auch auf einen Passus im Gesetz über die Psychiatrieverbunde hin, in dem es heisst, der Kanton stelle den Psychiatrieverbunden die Immobilien für ihren Betrieb zur Verfügung. Die Regierung will deshalb die heutige Praxis, nach der die Psychiatrieverbunde selbst Mietverträge für Immobilien abschliessen dürfen, überprüfen.Die Regierung hält aber auch fest, dass die Psychiatrien gefordert seien, ihre Leistungen wirtschaftlich zu erbringen und die Kosten zu optimieren. Dies sei nur mit der Anpassung von Prozessen möglich, was wiederum von einer passenden Infrastruktur abhänge. Um rasch neue Prozesse umsetzen zu können, sei es wichtig, dass die Psychiatrieverbunde bei der Infrastruktur flexibel reagieren können.Psychiatrie in Heerbrugg soll zentralisiert werdenDie Psychiatrieverbunde hätten deswegen dieses Jahr Arealstrategien erarbeitet, die nun weiterentwickelt würden, schreibt die Regierung. Dabei seien Anpassungen am ambulanten Angebot möglich. In diesem Zusammenhang werde zurzeit die Verlegung des Standorts Trübbach nach Sargans geprüft. Und in Heerbrugg sei angedacht, die heute sechs Standorte mittelfristig zusammenzuführen.Sandro Hess sieht sein Anliegen bestätigt. Er ist allerdings auch der Ansicht, dass die Antwort der Regierung etwas zu passiv ausgefallen ist. Er hätte sich «mehr Klartext» gewünscht, sagt er, begrüsst aber gleichzeitig, dass nun immerhin der gängige Usus, dass die Psychiatrieverbunde eigenmächtig Räume privater Eigentümer mieten können, hinterfragt wird. Er verlangt eine sofortige Änderung dieser Praxis.