05.01.2019

«Rebstock» verkauft

Zita und Hansjörg Keel haben ihr Haus der Ortsgemeinde verkauft, wohnen aber weiterhin im Gebäude und betreiben weiterhin das Restaurant.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererDie Zentrumsentwicklung ist im Dorf schon länger ein Thema. Die politische Gemeinde besitzt denn auch schon mehrere Gebäude: ausser dem Rathaus samt nebenstehender Remise (in dem sich das Schulsekretariat befindet) gehören das Post- sowie das Zick-Zack-Gebäude der Gemeinde. Indem nun die Ortsgemeinde den ebenfalls in der Kernzone liegenden «Rebstock» erworben hat, spannt die Korporation mit politisch Rebstein strategisch zusammen. Der nicht öffentlich gemachte Preis entspricht laut Ortsgemeinde dem Schätzwert, den ein regionaler Experte ermittelt hat.«Dä Lutz cha me jo nöd trinke»Angepackt werde die Zentrumsentwicklung in diesem Jahr, sagt Gemeindepräsident Andreas Eggenberger. Sicher werde dabei auch mit den Eigentümern weiterer umliegender Häuser über deren Vorstellung geredetBis ein konkretes Projekt vorliegt, dürfte aber noch viel Zeit vergehen. So können Zita und Hansjörg Keel als Mieter weiterhin im Haus wohnen und den Betrieb wie bisher fortführen. Das sei ganz im Sinn der Ortsgemeinde, wie deren Präsident Ernst Schönauer und sein Vize Jürg Hengartner sagen.Der Ortsgemeinde fühlen sich der Ortsbürger Hansjörg Keel und seine aus Widnau stammende Frau (geborene Frei) seit jeher verbunden. Bis vor zwei Jahrzehnten fand im «Rebstock»-Saal sogar jeweils die Bürgerversammlung der Ortsgemeinde statt.Deren Aktuarin und Kassierin Nicole Fritsche erinnert sich an eine witzige Episode. Als der frühere Präsident der Korporation einmal den Kafi Lutz kurzerhand zum Fenster hinauswarf und dies mit den Worten kommentierte, «dä Lutz cha me jo nöd trinke», habe Zita Keel mit stoischer Gelassenheit einen neuen Kafi Lutz gemacht und ihn dem Ortsgemeindepräsidenten hingestellt.Zeche der Kriminellen blieb unbezahltÜberhaupt ist der «Rebstock» mit seinem Saal für 150 Gäste, dem Restaurant mit gut 40 Plätzen, dem Sitzungszimmer und dem Garten (Zita Keel: «Drissg Plätz, mit Moschta») ein traditionsreicher Ort, wo einst Musikunterhaltungen, Männerchordarbietungen, Theateraufführungen, politische Veranstaltungen und viele weitere Anlässe stattfanden. Noch immer rege genutzt wird das Sitzungszimmer, und die Donnschtigsjasser kommen schon seit 28 Jahren jede Woche.Doch nicht nur das Haus, auch die Wirtsleute sind in die Jahre gekommen. Hansjörg Fritsche, ein gelernter Bauschlosser, der bis zur Pensionierung 2016 als Projektleiter im Anlagebau tätig war, bezeichnet seine Frau als «Herr des Hauses». Er selbst betätigt sich im Vorstand der FC-Gönnervereinigung, als Präsident des Feuerwehrvereins und im regionalen Führungsstab oberes Rheintal.Als Zita Keel, seit letztem April auf dem Papier ebenfalls pensioniert, vorübergehend gesundheitlich Probleme hatte, ist im Dorf die Frage nach der «Rebstock»-Zukunft laut geworden. Die beiden Söhne Sandro und Roger sowie die Tochter Karin, allesamt Mitglieder der Burgtät-scher-Gugge, haben kein Interesse am Wirten. Entsprechend keimte die Befürchtung auf, die Ära Keel könnte bald enden. 1982 nahm sie ihren Anfang, nachdem Zita Keel zwei Jahre die «Traube» geführt hatte. 1984 kauften Keels die 562 Quadratmeter grosse Rebstock-Liegenschaft von Sonnenbräu.Ein besonderes Erlebnis hatten Keels im April 2016, als zwei Kroaten, auf der Flucht vor der Polizei, im Rebstock eingekehrten. Einer wurde gleich hier festgenommen, der andere konnte noch aus der Beiz fliehen. Die Zeche blieb bis heute unbezahlt, und die Polizei habe die mitgenommenen Gläser weder zurückgegeben noch bezahlt, erzählt Hansjörg Keel lachend. Überhaupt: Geschichten hat das Wirtepaar viele auf Lager. Freuen wird das sicher auch die Enkelkinder. Es sind fünf – drei Mädchen und zwei Buben.