29.06.2018

Rhesi lässt den Kies woanders liegen

In der «Sprechstunde» der Rheinregulierung zum Hochwasserprojekt am Rhein ging es diese Woche um das Geschiebemanagement. Kritiker bezweifeln, dass das neue Konzept aufgehen wird.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Max TinnerMit dem Hochwasserschutzprojekt Rhesi erhöht man die maximale Abflusskapazität von heute 3100 m3 pro Sekunde auf 4300 m3 pro Sekunde. Den dafür nötigen grösseren Querschnitt möchte man mit einer Erweiterung des Gerinnes innerhalb der bestehenden Aussendämme erreichen. Dadurch reduziert sich allerdings die Kanalwirkung; es bleibt mehr Kies und Sand liegen. Weil dies den Durchflussquerschnitt wieder verkleinert, wird man künftig Kies aus dem Rhein baggern müssen, wo dies heute nicht nötig ist.Heute wird nur zuunterst Kies ausgebaggert, in der Vorstreckung des Rheins in die Fussacher Bucht des Bodensees. 80000 m3 Kies baggert die Zech Kies GmbH dort jährlich aus. Weil der Rhein auch künftig nicht mehr Geschiebe aus dem Oberland heranführen wird (jedenfalls nicht durch Rhesi bedingt), ändert sich auch das Volumen nicht, das ausgebaggert werden muss.Künftig wird bei Diepoldsau und Rüthi Kies ausgebaggertIn der Rheinvorstreckung wird aber weniger Kies anfallen als heute; die Wasserbauingenieure rechnen noch mit 30000 m3. Die anderen 50000 m3 werden sich weiter oben ablagern. Die Entnahmeorte sind bereits festgelegt: in Rüthi bei Rheinkilometer 63 bis 64, etwa einen Kilometer unterhalb der Brücke Oberbüchel-Bangs, und in Diepoldsau am Beginn des Durchstichs, etwas unterhalb der Schutzzone des Brunnens. In Rüthi rechnet man mit einer jährlichen Entnahme von 40000 m3, in Diepoldsau mit 10000 m3. Offen ist, wer künftig das Kies ausbaggern wird. Dazu werde es eine öffentliche Ausschreibung geben, sagt Rhesi-Projektleiter Markus Mähr.Eventuell wird das Rhybähnli reaktiviertBei der Festlegung der beiden Entnahmestellen habe man darauf geachtet, dass bereits eine Strassenanbindung besteht und dass den Dörfern kein Lastwagenmehrverkehr entsteht. Möglicherweise werden sogar weit weniger Lastwagenfahrten nötig sein, als man sich nun ausrechnen könnte. Denkbar wäre nämlich, für den Kiestransport die alte Betriebsbahn zu reaktivieren, das Rhybähnli, das früher auf dem Damm fuhr. Man prüfe diese Möglichkeit, sagt Mähr.Gebaggert werde zudem nicht das ganze Jahr, sondern nur bei niedrigem Wasserstand, also im Winter, und anders als heute in der Rheinvorstreckung nicht im Wasser, sondern auf den Kiesbänken. Dadurch könne man auch die ökologischen Auswirkungen gering halten.Unter den Teilnehmern der Rhesi-Sprechstunde letzten Dienstag bei Zech Kies bei Hard befanden sich auch Kritiker. Sie glauben den Berechnungen der Ingenieure nicht. «Das mag auf dem Papier funktionieren, aber nicht in der Realität», meinte ein älterer Vorarlberger und verwies auf seine Lebenserfahrung. Er kenne den Rhein seit 70 Jahren, meinte er. – Die durchgeführten Berechnungen hätten ergeben, dass sich die Sohle mit drei Entnahmestellen auch langfristig gut kontrollieren lasse, hält Markus Mähr entgegen. Man werde dies aber noch zusätzlich in Modellversuchen prüfen.Der Rhein schleppt übrigens nicht nur tonnenweise Kies mit, sondern auch Sand und feine Schwebstoffe. Letztere sogar in immensem Ausmass: zu den jährlich rund 80 000 Tonnen Kies und 100000 Tonnen Sand ist die Rede von 3 Millionen Tonnen Schwebstoffen, von denen sich der Grossteil allerdings erst im Bodensee ablagert.HinweisUnter www.rhesi.org/kontakt-faq/ihre-fragen/ nimmt die Projektleitung Stellung zu Fragen, die immer wieder gestellt werden.