02.02.2021

Seitenblick: «Ich wünsche dir»: Unbeschwertheit

Seit einigen Wochen quillt ein Stapel kleiner, farbenfroher Bücher aus den Schülertheks unserer Kinder in der Küche. Kennen Sie sie auch, diese «Freundschaftsbüechli»?

Von Sara Burkhard
aktualisiert am 03.11.2022

Ich hatte nicht die blasseste Ahnung, dass dieses Phänomen meiner 90er-Jahre-Kindheit immer noch im Umlauf ist, Einträge der Lehrpersonen inklusive.

Aber wir wollten unseren Kindern natürlich das durchschnittliche Kindheitserlebnis garantieren und haben brav auch solche Dinger gekauft. Die Mo­delle Ninjago und Dinosaurier waren bei uns am beliebtesten, auch wenn es für die sehr austauschbaren Fragen wohl keine Rolle spielt. Sie merken, ich bin dem Phänomen gegenüber leicht kritisch eingestellt, es fühlte sich für mich im ersten Moment vor allem wie ein Beliebtheitswettbewerb an.

Aber hier sitze ich nun jeden Abend nachdem die Kinder ins Bett gegangen sind. Und klebe feinsäuberlich ihre Fotos in alle ausgefüllten Bücher, denn auch wenn ich sie auf Kosten der Leserlichkeit alles selber ausfüllen lasse – das Foto mit Schere und Leim hineinzubekommen, traue ich ihnen dann doch nicht zu.Beim Hineinkleben der Fotos lese ich ein paar der Antworten durch – und plötzlich macht sich ein wunderbares Gefühl der Zufriedenheit bei mir breit. Während die Erwachsenenwelt mit jedem Jahr komplizierter zu werden scheint, schreibt man ins Freundschaftsbüechli unter «Ich wünsche dir» einfach «viel Glück und viele Spielsachen» und klebt ein glitzerndes Einhorn rein. Fertig. So einfach, so perfekt.